Kommentar

TikTok-Verbot: Österreich hat keine Strategie im Umgang mit Autokratien

Video portal TikTok
Video portal TikTokJens Kalaene / dpa / picturedesk
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Innenminister Karner präsentierte mit dem Bann der chinesischen App für Diensthandys von Beamten eine halbgare Lösung. Sie ist symptomatisch für die blauäugige Zusammenarbeit Österreichs mit dem autoritären China.

Die Lösung, die Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), am Mittwoch im Ministerrat präsentiert hat, klingt nach einem typisch österreichischen Kompromiss: Österreichs Politiker dürfen ihren Auftritt auf der Videoplattform TikTok über ihre Privathandys und „offene Telefone“ weiter pflegen. Gleichzeitig will die Regierung mit dem Verbot der bei Jungen beliebten App auf Diensttelefonen offenbar signalisieren, dass sie sich der Problematik des vom chinesischen Tech-Riesen Bytedance entwickelten Programms bewusst ist.

Der Vorwurf, der ausgehend von den USA von immer mehr Regierungen rund um die Welt vorgebracht wird: TikTok überwache und speichere sämtliche Smartphone-Aktivitäten und gebe sie an die chinesische Regierung weiter. Sie sei eine Gefahr für die nationale Sicherheit. Beweise dafür gibt es nicht.

Dass Tiktok generell - egal ob für Politiker oder Normalbürger - problematisch ist, dem wird Karners Regelung nicht gerecht. Seit Jahren schon warnen Experten vor massiven Datenschutzproblemen und vor Sicherheitslücken der App, die sie für Hackerangriffe anfällig mache. Die Politiker selbst könnten also nach wie vor zur Zielscheibe werden. Geht es bei dem Verbot also wirklich um nationale Interessen oder um ein politisches Statement? Die USA verfolgen mit ihrem Vorgehen gegen chinesische Technologie-Unternehmen klare politische Ziele, westliche Verbündete ziehen nach und laufen Gefahr sich einer gefährlichen Hysterie anzuschließen. 

So wie Österreich. Der Umgang mit Tiktok zeigt, wie blauäugig die Regierung seit Jahren vorgeht. Monatelang schon tobt die Debatte um die Video-App. Dennoch braucht es zehn Wochen, seit die EU ihre Tiktok-Politik vorlegte, bis der Innenminister eine halbgare Richtlinie veröffentlicht, die Datenschutz- und Sicherheitsprobleme nicht mit einem Wort erwähnt. Ähnlich sieht es mit den chinesischen Mobilfunkdienstleistern Huawei und ZTE aus.

Vor ein paar Jahren, da waren die Probleme, die die Abhängigkeit von einem einzelnen Staat für den Ausbau einer so kritischen Infrastruktur wie des Mobilfunknetzes bedeuten, schon hinlänglich bekannt - Spionagebedenken hin oder her. Damals hieß es es aus dem zuständigen Ministerium, dass das Thema nicht einmal auf der Agenda liege. Nun heißt es wieder einmal Warten, bis die Rundfunkregulierungsbehörde RTR ihre Empfehlung abgibt, wie mit den chinesischen Firmen umzugehen sei.

Ja, in der Zusammenarbeit mit chinesischen Tech-Unternehmen, die notgedrungen eine enge Bindung zum Regime der Kommunistischen Partei haben, dürfen Spionagegefahren nicht außer Acht gelassen werden. Doch es geht in der Debatte über die Zusammenarbeit mit China um weitaus mehr: Österreich muss aus reinem Eigeninteresse einen Weg finden, um die Abhängigkeit von der Volksrepublik in strategisch wichtigen Sektoren zu verringern. Und vor allem mit Weitblick agieren, statt blind Debatten aus den USA hinterherzuhinken.

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