Theaterkritik

Was Chat GPT mit den Texten von Elfriede Jelinek macht

Anna Zehetgruber
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Spannende Uraufführung im Werk X: Angela Richter lässt in „Tod-Krank.doc“ das berüchtigte KI-Programm Chat GPT walten. Und auch ein Manifest erstellen.

„Was aber hätte Puccini daraus gemacht? Und vor allem: kürzer.“ So ließ Herbert Rosendorfer in „Das Messingherz“ einen Nicht-Wagnerianer den „Tristan“ kommentieren. Als nicht hundertprozentiger Fan von Elfriede Jelinek darf man zugeben, dass es einem mit ihren Theatertexten mitunter ähnlich geht. Mit „Das Licht im Kasten“ etwa, das im Werk X den ersten Teil eines Jelinek-Doppels bildete. Es geht um Kleider und darum, wie sie Leute machen. Und um die Konsumgesellschaft, um Schuld und Schulden, um den allgegenwärtigen Ausverkauf . . . Man hat die Botschaft bald verstanden, man hat bald genug über die schrillen Fetzen geschmunzelt, mit denen die Regie die Figuren des Spiels als willenlose Modepuppen charakterisiert. Und, ja, man denkt sich irgendwann doch: Könnte man das nicht kürzen?

Genau diese Frage ist ein Ausgangspunkt der zweiten Inszenierung des Abends: „Tod-Krank.doc“ kreist um einen Text, den Jelinek für den krebskranken Christoph Schlingensief schrieb, der aber in seinem Stück „Mea Culpa“ nur wenige Zeilen daraus verwendete. Es ist ein ernster, bestürzender Text; Wojo van Brouwer und Malte Sundermann, virtuos als desperate Unterhalter im Smoking, tragen Passagen vor, in denen der Schrecken der Operation quasi seziert wird, sie mühen sich, müssen die Souffleuse bemühen. Da unterbricht sie Malakoff Kowalski als Spielleiter: Das ist viel zu lang! Wer soll kürzen? Das ist ein Fall für Chat GPT!

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