Linksruck

KPÖ-Erfolge: Was ist daran populistisch?

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Warum man die KPÖ plus und ihren Aufschwung nicht mit der FPÖ vergleichen sollte.

Der Autor

Dr. phil., Dr. h. c. Josef Christian Aigner (*1953) hat in Salzburg (bei Igor A. Caruso) promoviert und ist Psychoanalytiker, Psychotherapeut und Bildungswissenschaftler. Zahlreiche Veröffentlichungen.

Der Erfolg der KPÖ in Graz und Salzburg erregt immer noch die Gemüter. Interessant ist, wie viele derer, die selbst anders gewählt haben, das politisch freudig begrüßt haben. Kommentatoren aber sehen diesen Erfolg als Ergebnis eines „Linkspopulismus“, als Folge „linksromantischer Blindheit“ (Paul Lendvai) oder ziehen einen Vergleich mit den rechtspopulistischen Erfolgen der FPÖ.

Ich widerspreche dieser Analyse energisch: Eine Parallelisierung der Erfolge von FPÖ und KPÖ plus ignoriert völlig das realpolitische Handeln: Wer aus der FPÖ leistet einen uneigennützigen Verzicht auf einen Gutteil des Politikergehalts im Interesse eines Sozialfonds? Wer von der FPÖ geißelt die größer werdende Armutsschere? Wer von der FPÖ bietet eine unbürokratische Nähe und Erreichbarkeit für Bürgerinnen und Bürger, denen es nicht so gut geht? Wer von den Blauen fordert vehement eine Besteuerung von Reichen und Millionenerben? Gerade hat FPÖ-Belakowitsch diese Forderung als „verstaubte Uralt-Idee aus der altmarxistischen Mottenkiste“ bezeichnet. Die FPÖ steht also zu den Reichsten im Land!

Die FPÖ steht zu den Reichen!

Apropos „marxistische Mottenkiste“: Marx und seine Gesellschaftsanalyse für den kommunistischen Terror verantwortlich zu machen, kommt mir vor, wie der Bibel die Hexenverbrennung anzulasten. Auch die Kritik, die Kommunisten (und SPÖ Vorsitzkandidat Babler) liebäugelten immer noch mit der Überwindung ungerechter „Klassenverhältnisse“ und stellten bestehende Reichtumsstrukturen infrage, verpufft angesichts der Realität: Gibt es denn die beklagten ungerechten Verhältnisse – und wenn ja, sind sie im Sinne demokratischer Kultur nicht wirklich überwindenswert? Auch der Vorwurf des Sturzes der „imperialistischen Weltordnung“ ist eigentlich keiner: Die Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten, Naturwissenschaftler und Politologen kritisieren seit Jahren unsere „imperiale Lebensweise“ (Alexander Behr), mit der die reichen Staaten durch Energieverbrauch, Umweltzerstörung, wirtschaftliche Ausbeutung u. a. die Lebensgrundlagen ärmerer Länder des Globalen Südens und letztlich des gesamten Globus gefährden.

Über den Begriff „kommunistisch“ kann man streiten: Neben den bekannten politischen Grauslichkeiten, von denen der Salzburger Spitzenkandidat der KPÖ plus sich ja deutlich distanziert hat, beziehen sich die KP-Traditionalisten halt auf die Verdienste im Kampf gegen den Nationalsozialismus.

Jedenfalls lassen sich die Erfolge nicht hinreichend als kommunistischer Populismus erklären: So war in Salzburg zuletzt ja eine KPÖ plus unter Beteiligung nicht kommunistischer Kräfte erfolgreich. Auch Teile der SPÖ, der Grünen und nicht parteigebundene kritische Bürger haben KPÖ plus gewählt. Diese Menschen hegen offenbar die Hoffnung, dass damit abseits erstarrter, immer weiter nach rechts rückender Politik eine alternative politische Kultur Platz greifen könnte, die die Sorgen ärmerer Menschen eben nicht populistisch ausschlachtet, sondern wirklich ernst nimmt – und an den Strukturen, die solcherart Verteilungsunrecht aufrechterhalten, ansetzt.

Eine derartige politische Kultur ist als Gegengewicht zum immer stärkeren Rechtsruck auch der Mitte (gibt es die noch?) geradezu notwendig. Dies schadet auch den Grünen oder der SPÖ nicht, wie Paul Lendvai im „Standard“ schreibt, sie macht vielmehr auch diesen Parteien klar, dass radikalere Rücksichtnahme auf die Schwächeren und „Abgehängten“ in der Bevölkerung, die mit ihrer (berechtigten) Wut die Demokratie gefährden, anzuraten ist und erfolgreich sein kann. Wenn man überlegt, wie viele ehemals der FPÖ zuzurechnende rechte „Sager“ (gegen Migrantinnen und Migranten, andere Religionsangehörige, angebliche Sozialschmarotzer u. a. m.) salonfähig geworden sind, wenn man sich vergegenwärtigt, dass von Schüssel über Doskozil bis Nehammer ranghohe Politiker Orbán und anderen rechten Staatsspitzen den Hof machen, oder wie LH Haslauer trotz konträrer Ankündigungen ungeniert doch mit den ganz Rechten koaliert und damit der politischen Glaubwürdigkeit noch mehr schadet – dann ist das, wovon neue Linkspolitiker einschließlich Andreas Babler reden, ein erfreuliches Gegengewicht für unzufriedene Wählerinnen und Wähler im Interesse pluraler Demokratie.

Nicht länger mitmachen

Die dabei angesprochenen Themen, wie mehr soziale Gerechtigkeit, gegen profitgetriebene Ausbeutung von Mensch und Natur und für ein anderes Wirtschaften, können künftig für eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Menschen aus der Sozialdemokratie, aus bildungsbürgerlichen Kreisen und wohl auch für Christen ansprechend sein. Viele politisch sensible Menschen wollen die krasse gesellschaftliche Ungleichheit, die wachsende Schere zwischen Arm und Reich oder die Zerstörung der Umwelt aus ethischen und politischen Gründen nicht länger mitmachen.
Was ist daran populistisch?Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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