Israel ist am 75. Jahrestag der Gründung am 14. Mai 1948 in seiner wohl explosivsten internen Krise. Mit vielen Araberstaaten gelang bisher ein Ausgleich, mit den Palästinensern aber weiter nicht. Ein Gründerpaar erzählt über sein Leben.
Sehen Sie mal“, sagt Shulamit Hirschfeld, „was für ein gutaussehender Typ er war!“ Auf dem Schwarz-Weiß-Foto in ihrer Hand schaut ein junger Mann mit schmalen Augen und strengem Gesicht in die Ferne. „War!“, wiederholt sie mit scherzhaftem Blick. Amiram Hirschfeld, der Mann auf dem Foto, dessen Haare längst ergraut sind, lächelt gutmütig. Kleine Scherze auf seine Kosten scheint er gewohnt zu sein.
Die beiden sitzen im Wohnzimmer ihrer Erdgeschoßwohnung in Rehovot südlich von Tel Aviv. Amiram ist 89, seine Frau „jünger“ als er, wie sie betont – um ein Jahr. Sie wurden in den 1930er-Jahren im damals britischen Mandatsgebiet Palästina geboren. Shula wuchs in Petah Tikva auf, einer Kleinstadt östlich Tel Aviv; Amiram ist aus Degania Bet, dem zweiten Kibbuz, das die jüdischen Pioniere noch vor der Staatsgründung aufbauten, südlich des Sees Genezareth. Beide haben Wurzeln in Europa: Seine Eltern wanderten vor dem Zweiten Weltkrieg aus der Ukraine ein, ihre stammten aus dem Gebiet der einstigen Tschechoslowakei. Shulas Vater, er kam aus einer religiösen Familie, war das jüngste von neun Geschwistern – und das einzige, das vor den Nationalsozialisten nach Palästina fliehen konnte.

Schon damals kämpften Araber und Juden um das Land, das beide als ihre Heimat verstanden. In diesen bewegten Jahren erlebten die Hirschfelds ihre Kindheit. „Noch eine Geschichte“, verkündet Amiram, wann immer er zu einer Anekdote ansetzt. „Ich erzähle auch noch was“, sagt Shula, wenn ihr etwas einfällt, „aber“, mit spöttisch-strengem Seitenblick, „nicht ganz so langatmig.“ Sie erinnert sich, wie einmal britische Soldaten an die Tür ihres Hauses klopften, auf der Suche nach Waffen. Tatsächlich lagerte ihr Vater im Badezimmer eine Pistole, für den Fall der Fälle; es kam ja immer wieder zu Kämpfen zwischen Juden und Arabern.