Randerscheinung

Was man darf und was nicht

Carolina Frank
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Was man darf und was nicht, ist, glaube ich, nie wieder so interessant wie mit 13 Jahren.

Die großen Buben kommen vom Kino heim. „Was habt ihr denn gesehen?“, frage ich sie. „Szenen einer Ehe“, sagt der eine. „Das ist von Ingeborg Bachmann“, sagt der andere. Ich muss lachen und frage noch, ob der Film nicht recht lang dauert. „Drei Stunden, schon lang, aber schon gut“, meint der Mittlere. Offenbar muss man sich über die Aufmerksamkeitsspanne der Generation iPhone doch nicht so große Sorgen machen, wie das manche tun.

Ich gehe übrigens seit dem Pandemie-Ende tatsächlich viel seltener ins Kino als davor. Ich streame die Sachen, die mich interessieren, eben erst ein paar Monate später, nachdem sie alle anderen gesehen haben. Die zeitliche Verzögerung stört mich gar nicht, aber zu Hause schaut man so einen Film natürlich völlig anders. Man steht auf, um aufs Klo oder schnell etwas (Eis) holen zu gehen. Es kommt jemand rein und man plaudert kurz. Man nickt kurz ein oder schaut aufs Handy. Kurz: Man macht ganz vieles, nur nicht das, was man im Kino tut. Sich völlig darauf einlassen, was vorn auf der Leinwand passiert.

Der Jüngste hat freilich ganz andere Probleme: „Warum kann man mit 14 schon den Moped-Führerschein machen, aber keine Computerspiele ab 18 spielen?“ Mir erschließt sich der vermeintliche Widerspruch nicht unmittelbar, seine Mutter schaut kurz auf und sagt: „Du darfst den Mopedführerschein mit 14 eh auch nicht machen.“ Was man darf und was nicht, ist, glaube ich, nie wieder so interessant wie mit 13 Jahren. Mit 52 Jahren, wo man alles darf, ist das leider nicht mehr wichtig. Sonst könnte ich mich jetzt darüber freuen, dass ich Moped fahren darf und einen Shooter spielen. Ich will beides nicht. Dafür gehe ich vielleicht wieder einmal ins Kino. Solang sie den Ingmar Bergman noch spielen.

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("Die Presse Schaufenster" vom 12.05.23)

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