Verhaltensbiologie

Wie unser "Wohlfühlhormon" auf Fadenwürmer wirkt

Serotonin ist schon in sehr schlichten Lebewesen aktiv. Was drückt es in ihnen aus? Eine kritisch-reduktionistische Betrachtung.

Seit Michel Houellebecq 2019 einen Roman „Serotonin“ genannt hat, kann man ohne Übertreibung sagen: Dieser Botenstoff ist in die Literatur eingegangen. Zwar ist das Medikament Captorix, das Houellebecq einen Arzt namens Azote (= Stickstoff) verschreiben lässt, eine Fiktion. Wohl aber greifen viele Antidepressiva – z. B. Fluoxetin alias Prozac – in den Serotonin-Stoffwechsel im Hirn ein: Sie blockieren Rezeptoren, an die sich dieser Botenstoff binden kann. Damit bleibt mehr freies Serotonin, das Nervensignale übertragen kann. Und das kann gegen Depression und Angstzustände helfen.

Wie kann ein so schlichtes Molekül unser Seelenleben beeinflussen? Und wie kann es zugleich, wenn auch anderswo im Körper, bewirken, dass sich Blutgefäße erweitern und Muskeln entspannen? Das ist nicht einfach zu fassen. Unser Stoffwechsel ist ein vielfach verschlungenes System, und unser Hirn besteht aus an die hundert Milliarden Nervenzellen. Das macht es Naturwissenschaftlern, die naturgemäß alles Höhere auf simple Chemie zurückführen wollen, nicht leicht. Umso mehr freuen sie sich über einfachere Modelle. Und darüber, dass die Evolution, was die Biochemie der Botenstoffe anbelangt, recht konservativ ist. Das gilt besonders für Serotonin: Es ist in Tieren seit über 700 Millionen Jahren aktiv, sogar Nesseltiere verwenden es, Weichtiere sowieso. Das ist der Grund dafür, dass Ecstasy auch auf Tintenfische wirkt: Es macht sie geselliger.

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