Justiz

Kronzeugen-Regel: „Gegen Mittäter auspacken, um Straffreiheit zu erlangen“

Anwalt Michael Rohregger
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Wiens Anwaltskammer-Vizepräsident Michael Rohregger erläutert die Pflichten eines Kronzeugen.

Wo liegen Vor- und Nachteile der in Österreich geltenden Kronzeugen-Regelung? Michael Rohregger, Vizepräsident der Anwaltskammer Wien, erklärt, worauf es ankommt.

Die Presse: Was bringt denn eine Kronzeugenregelung?
Michael Rohregger: Sie schafft für den Täter einen Anreiz, mit den Ermittlungsbehörden zu kooperieren und gegen Mittäter auszupacken, um selbst Straffreiheit zu erlangen. Dies erleichtert die Aufklärung von Straftaten, verkürzt die Ermittlungsdauer und kann in manchen Fällen sogar der Grund dafür sein, dass eine Straftat überhaupt entdeckt wird.

Was ist ihr Nachteil?
Aus rechtsstaatlicher Sicht ist bedenklich, dass man einen Schuldigen sehenden Auges ungeschoren davonkommen lässt. Der österreichische Gesetzgeber ist erkennbar skeptisch: Die Kronzeugenregelung gilt derzeit nur befristet und befindet sich in einer Art Testphase. Für den Kronzeugen selbst ist problematisch, dass er nur strafrechtlich verschont wird, seine zivilrechtliche Haftung für verursachte Schäden aber bestehen bleibt. Das kann ihn wirtschaftlich ruinieren. Außerdem riskiert er, sich zunächst selbst zu belasten und dann den Kronzeugenstatus doch nicht zu erlangen. Damit schaufelt er sich strafrechtlich sein eigenes Grab.

Welche Risiken bestehen noch?
Der Kronzeuge muss Informationen oder Beweismittel liefern, die die Behörde sonst so nicht hätte und die wesentlich zur Aufklärung einer Straftat beitragen. Das kann den Kronzeugen zu Übertreibungen in der belastenden Darstellung verleiten. Auch besteht die Gefahr, dass man ihm, weil er ja geständig ist, eine erhöhte Glaubwürdigkeit zubilligt. Das kann für andere Beschuldigte die Verteidigung zu Unrecht erschweren.

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