Gastkommentar

Die Zeit ist reif für eine Jagd-Debatte!

Replik auf T. Weber. Ja, die Landesjagdgesetze sind nicht mehr zeitgemäß, vor allem, was Tier- und Artenschutz betrifft.

Der Autor

Rudolf Winkelmayer (*1955), prakt. Tierarzt und Amtstierarzt i.R. und Bevollmächtigter des Volksbegehrens „Für ein Bundesjagdgesetz“ (www.bundesjagdgesetz.at).

Thomas Weber lädt in seinem Beitrag „Wenn sich der Tierschutz auf die Jagd einschießt“ (11. Mai) zum Diskurs über das Jagd-Volksbegehren ein, was wir gern aufgreifen wollen. Vorab ist zum Titel zu sagen, dass die Träger des Volksbegehrens aus drei Bereichen kommen: Tierschutz, Natur-/Artenschutz und Jagd. Und genau das spiegelt sich auch im Forderungskatalog des Volksbegehrens wider.

Wie Weber richtig beschreibt, ist eine Reform des Jagdrechts „an der Zeit“, da die Landesjagdgesetze „Praktiken enthalten, die nicht mehr zeitgemäß sind“. Wobei „nicht mehr zeitgemäß“ eine harmlose Umschreibung für grobe Verstöße gegen den Tierschutz (Baujagd, Massenabschuss eigens dafür ausgesetzter Tiere etc.), den Artenschutz (Bleimunition, legaler Abschuss gefährdeter Tierarten etc.) und den Umweltschutz (Trophäenkult und massiv überhegte Bestände auf Kosten der Wälder) ist. Weiters bestätigt der Autor, dass es „unhaltbar“ ist, dass manche Tiere während der Jungenaufzucht „in einigen Bundesländern keine Schonzeiten“ haben, sodass die Jungen elend verhungern müssen, wenn ihre Mutter erschossen wird.

Diese Praktiken sind sicher auch vielen Jägerinnen und Jägern – nicht nur im Ökologischen Jagdverband, der das Volksbegehren mitträgt – zuwider, was Weber aus seinem persönlichen, „überdurchschnittlich jagdaffinen“ Bekanntenkreis bestätigt.

Nach all dem verwundert seine Schlussfolgerung, das Volksbegehren tendenziell abzulehnen, und zwar mit dem einzigen Argument, dass es im Marchfeld „völlig anders zugehe“ als in Gebirgstälern und die Jagdgesetzgebung daher bei den Ländern bleiben solle (obwohl das zu den oben beschriebenen Missständen geführt hat). Dabei scheint er zu übersehen, dass es in Niederösterreich beides gibt (Marchfeld und Gebirgstäler) und trotzdem niemand auf die Idee käme, Gesetzgebung auf Bezirksebene zu fordern. Und warum ein Baummarderweibchen am Semmering, das auf der Suche nach Futter für seine Jungen die Grenze zur Steiermark überschreitet, plötzlich getötet werden darf, versteht kein Mensch.

Gleiches gilt für den Umstand, dass z. B. am rechten Ufer der Leitha Enten zum Abknallen ausgesetzt werden dürfen und am linken Ufer nicht, oder dass die selten gewordene Turteltaube immer noch in drei Bundesländern geschossen werden darf. Auch die unselige Tötung von Hunden und Katzen durch Jäger ist landesweise unterschiedlich geregelt. Wenn in der Jagdausbildung, wie Thomas Weber berichtet, empfohlen wird, dies „tunlichst zu unterlassen“, ist das schön, ersetzt aber keine gesetzliche Regelung.

Alternative für Nostalgiker

Die angesprochenen, zweifellos großen regionalen Unterschiede können sich nur auf naturräumliche Aspekte beziehen, nicht auf Bundeslandgrenzen, die mit naturräumlichen Grenzen nichts zu tun haben. Die regionalen Gegebenheiten können daher in einer bundesweiten Regelung, die für ganz Österreich die für die jeweiligen Naturräume passenden Regelungen trifft, sogar besser abgebildet werden. Und für alle Landesgesetz-Nostalgiker bietet das Volksbegehren die Alternativoption, dass die 14 Forderungen des Volksbegehrens durch ein Bundes-Grundsatzgesetz umgesetzt werden, welches durch Landesgesetze (innerhalb dieser Grundsätze) ergänzt wird.

Die Zeit ist zweifellos reif für eine eingehende Debatte über die vielen Missstände, die es in der Jagd immer noch gibt, und für eine grundlegende Reform des Jagdrechts – im Interesse der Menschen, der Tiere, der Natur und unserer Umwelt.

E-Mail an: debatte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2023)

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