Gastkommentar

KPÖ und FPÖ haben sehr wohl einiges gemeinsam

(c) Peter Kufner
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Replik. Linksaußen wie Rechtsaußen poltern gern gegen die Eliten und „die da oben“ und beide sind gut im Kleinreden historischer Verbrechen.

Der Autor:

Mag. Astrid Schilcher (geboren 1971) studierte in Graz Volkswirtschaft, führt mit ihrem Mann ein Consulting-Unternehmen, ist FH-Lektorin und Autorin.

Beginnen wir mit dem Versuch, Populismus zu definieren: Als Charakteristika können eine auf Volksstimmungen gerichtete Themenwahl und einfache Rhetorik gesehen werden. Populistische Parteien versprechen meist schnelle, einfache Lösungen für komplexe Probleme und geben vor, endlich zu handeln, statt nur zu reden.

Der Slogan „Geben statt Nehmen, Helfen statt Reden“ findet sich beispielsweise auf der Website der steirischen KPÖ. Dass die Parteigenossen auf einen Gutteil ihres Politikergehalts verzichten, ist menschlich sicherlich lobenswert. Dass Elke Kahr gern Almosen verteilt, mag auf den ersten Blick ebenfalls Applaus verdienen. Auf den zweiten Blick halte ich eine Politik, die tiefgehende Probleme mit Sozialhilfen überdeckt, nicht nur für kurzsichtig, sondern für populistisch. Eine Erhöhung der Wohnbeihilfe wird nicht reichen, um soziale Schieflagen effektiv zu beseitigen. Ideen, die nicht jeder vernünftigen Wirtschaftstheorie widersprechen, lässt die Partei jedoch schmerzlich vermissen.

Womit wir schon bei den Gemeinsamkeiten zwischen Rechtsaußen und Linkaußen angelangt wären: Während Kickl propagiert, mit Ivermectin, dem Aus für Russland-Sanktionen und CO2-Bepreisung sowie mit Abschiebungen von Migranten die meisten Probleme lösen zu können, setzen die Kommunisten auf Almosen und Verstaatlichung als Allround-Medizin. Feindbilder bzw. Sündenböcke scheinen ebenfalls eine Gemeinsamkeit populistischer Parteien zu sein. In diesem Sinn poltert Kickl gegen „die da oben“ und Ausländer, während die KPÖ gern „die da oben“ sowie Unternehmen, vor allem, wenn sie es wagen, Gewinne zu erwirtschaften, zu Volksfeinden stilisiert.

Der Kommunismus ist per se populistisch, denn er schafft ein Gegeneinander zwischen den Konstrukten „Volk“ und „Eliten“ und nimmt für sich in Anspruch, aufseiten des „einfachen Volkes“ zu stehen, dessen Willen er zum Maßstab des Handelns stilisiert. Das haben Elke Kahr, Kay-Michael Dankl und Herbert Kickl definitiv gemeinsam.

Und sie kuscheln mit Russland

FPÖ wie KPÖ ergehen sich zudem gern in der Verleugnung bzw. im Kleinreden historischer Verbrechen. Während die FPÖ den Nationalsozialismus verharmlost, tragen kommunistische Parteien ebenfalls Scheuklappen, was die historischen Verbrechen des Kommunismus wie Massenerschießungen, Gulags, Millionen von Hungertoten im Mao-Regime etc. betrifft. Zumindest die steirische KPÖ kuschelt gern mit russischen Autokraten, man denke nur an Werner Murgg, der nach einem Besuch in Belarus verkündete, dass dort Stabilität und Ordnung herrschten und westliche Medienberichte über Verfolgung, Inhaftierung und Folterung von Regimegegnern öffentlich anzweifelte. Bei der FPÖ hätten breite Teile der Bevölkerung das sofort skandalös gefunden, den Kommunisten lässt man so etwas durchgehen, schließlich lächeln sie immer so freundlich. Wölfe im Schafspelz eben.

Nirgendwo hat er funktioniert

Der Kommunismus hat schlichtweg nirgendwo funktioniert. Menschen aus dem damaligen Ostblock haben bei der Flucht über die Mauer nicht ihr Leben aufs Spiel gesetzt, weil es ihnen unter dem kommunistischen Regime so gut ging. Ich kenne kein kommunistisches Land, in dem es sich besser lebt als in Österreich. In China ist zwar eine beachtliche Wohlstandssteigerung gelungen, aber das Land hat in Wirklichkeit ein kapitalistisches System mit eiserner Parteidiktatur. Weiters fällt mir kein kommunistisches Land ein, das nicht stark autokratische Züge aufweist. Trotzdem heißt es im Landesprogramm der KPÖ Steiermark: Als Kommunistinnen und Kommunisten halten wir am Marxismus fest. Als Marxistinnen und Marxisten sind wir besonders dem Erbe der Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus – Marx, Engels und Lenin – verpflichtet.

Was darunter zu verstehen ist, lassen folgende Passagen aus dem Landesprogramm der KPÖ Steiermark erahnen: „Deshalb fordern wir die Überführung der ,großen‘ Produktionsmittel in Allgemeingut unter demokratischer Kontrolle. Erst dann wird die Aneignung fremder Arbeitsleistung – im Marxismus ,Ausbeutung‘ genannt – verunmöglicht.“

Verstaatlichen ist keine Lösung

Er („progressiver Sozialstaat“) schafft Spielraum für echte Umverteilung von oben nach unten, für Reformen, die der Mehrheit der Bevölkerung zugutekommen. Ein solcher sozialer Fortschritt würde wohl schnell die Gegenwehr der Herrschenden nach sich ziehen – national, aber vor allem vonseiten der EU. Deshalb müssen die Nationalstaaten politischen und sozialen Handlungsspielraum zurückgewinnen. Das ist mit einer Mitgliedschaft in der EU unvereinbar.

Als weitere Forderungen finden sich dort eine massive Erhöhung der Löhne und Gehälter sowie eine radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Wie das finanziert werden und Österreich dabei wettbewerbsfähig bleiben soll, ist mir ein Rätsel. Derartige Forderungen empfinde ich als zutiefst populistisch, da sie nur unerfüllbare Träume vom Schlaraffenland wecken.

Josef Aigner stimme ich zu, dass die immer weiter aufgehende Schere zwischen Arm und Reich sowie die Ressourcenverschwendung und Ausbeutung der Natur ernsthafte Probleme darstellen, aber sind Sie ernsthaft der Meinung, dass Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften, per se böse sind und dass Verstaatlichung mehr Wohlstand und Zufriedenheit nach sich zieht? Können Sie erklären, wie Österreich bzw. die EU sich ohne die Innovationskraft von Unternehmen auf dem Weltmarkt werden behaupten können? Glauben Sie tatsächlich, dass der Staat nachhaltiger Arbeitsplätze schafft als Unternehmen?

Wenn wir der Klimakrise effektiv begegnen wollen und den Wandel zu einer nachhaltigeren Wirtschaft ohne massive Wohlstandsverluste schaffen wollen, brauchen wir die Finanz- und Innovationskraft von Unternehmen. Der aktuelle Arbeitskräftemangel, ebenfalls eine große Gefahr für unseren Wohlstand, und die daraus resultierende Umwerbung von Fachkräften durch Unternehmen lassen das von der KPÖ strapazierte Gespenst der „Ausbeutung der Arbeitskräfte“ zudem ziemlich blass aussehen. Ja, es gibt leider prekäre Arbeitsverhältnisse. Verstaatlichung ist jedoch nicht das Mittel, diesem Problem zu begegnen. Hier braucht es rechtliche Grundlagen und Bildungsoffensiven, und zwar EU-weit.

Es gilt: Wehret den Anfängen!

Zum Schluss noch eine weitere Gemeinsamkeit zwischen KPÖ und FPÖ: Beide sind systemimmanent intolerant und undemokratisch. In diesem Sinne gilt „Wehret den Anfängen“ – nicht nur was die Bedrohung von Rechtsaußen betrifft, sondern auch die von Linksaußen. Als Lektüre empfehle ich Karl Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, eine brillante Abrechnung des großen Denkers mit totalitären Ideologien, unter anderen mit Karl Marx und dessen Gesinnungsgenossen, die zwar den Himmel auf Erden versprechen, in Wirklichkeit aber nur eine Hölle auf Erden schaffen.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2023)

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