In der Coronazeit hat die Leseleistung der Volksschüler leicht abgenommen: Das kann man optimistisch auch als Argument für die Volksschule verstehen.
Die jungen Leute wollen halt nicht mehr lesen: Man kennt die kulturpessimistische Klage, und man kennt sie schon sehr lang, seit vielen Jahrzehnten. Oft waren es jeweils neue Medien, denen die Schuld an der angeblich schwindenden Leselust zuerkannt wurde: Die Comics. Das Fernsehen. Der Computer. Das Handy. Neuerdings TikTok. Sie alle wurden bzw. werden verdächtigt, die Aufmerksamkeit der Menschen von der Kulturtechnik abzulenken, die vielen als die vornehmste gilt.
Nicht zu Unrecht. Der große Vorzug des Lesens und Schreibens ist, dass es auf der Fähigkeit beruht, die wir Menschen exklusiv haben: der Sprache. Ihre Erfindung hat erst das strukturierte, abstrakte und systematische Denken ermöglicht, das uns von allen Tieren unterscheidet. „Mit Worten lässt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten“, sagt Mephisto zu Recht. Und wer die Worte nicht nur sagen und hören, sondern auch schreiben und lesen kann, hat die nächste Stufe der Kultur erklettert. Dass man diesen Kletterakt gemeinsam mit Gleichaltrigen vollziehen kann, zählt zum Schönsten, was die Volksschule bieten kann.