Geheimdienste

Die neue Tarnung der russischen Spione in Österreich

Russia's Foreign Minister Lavrov visits Croatia
Russia's Foreign Minister Lavrov visits CroatiaRussian Ministry of Foreign Affairs/Tass/picturedesk.com
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Die Ausweisung zahlreicher Spione macht Russland zu schaffen. Um die alte Schlagkraft aufzubauen, müssen wieder Agenten ins Land geschleust werden. Wie geht Russland dabei vor?

Wien. Im „Verfassungsschutzbericht 2022“ der österreichischen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) ist Russland wieder prominent vertreten. Sei es in den Kapiteln über Spionage und Cyberangriffe, sei es in jenen über den Schutz kritischer Infrastruktur: Überall wird Russland erwähnt. Die DSN hält die operative Schlagkraft Moskaus in ihrem Bericht „durch die europaweite Ausweisung von Diplomaten“ zwar für geschwächt. Österreich bleibt aber ein Tummelplatz für russische Spione – auch wenn sich diese an neue Herausforderungen anpassen müssen.
In Wien unterhält Russland eine der größten Legalresidenturen weltweit. Dabei handelt es sich um versteckte Außenstellen ausländischer Nachrichtendienste. Sie werden in offiziellen Vertretungen eines Staats, etwa einer Botschaft, eingerichtet. Die Spione werden dabei vielfach unter diplomatischer Abdeckung tätig. In Österreich waren im Februar 181 Diplomaten aus Russland akkreditiert. Der Historiker Thomas Riegler, der zu Nachrichten- und Geheimdiensten forscht, schätzt, dass davon „mindestens ein Drittel für einen der großen russischen Geheimdienste arbeitet“.

Mangel an Agenten

Der Diplomatenstatus schützt Russlands Spione aber immer weniger. Infolge des Ukraine-Kriegs wurden europaweit russische Diplomaten, die für Moskau spioniert haben sollen, ausgewiesen. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, die Dutzende Ausweisungen vornahmen, ging Österreich zwar zurückhaltender vor. Auch hierzulande wurden aber Diplomaten des Landes verwiesen, zuletzt waren es Anfang Februar 2023 vier Personen.
Laut Schätzungen von 2022 wurde jeder zweite russische Spion in Europa des Landes verwiesen, insgesamt waren es 400. Diese Einbußen führen zu Problemen, etwa bei der technischen Aufklärung, sagt Riegler. So wurde oder wird womöglich weiterhin von den Dächern der Wiener Residentur „Fernmelde- und elektronische Aufklärung“ betrieben: „Wien galt dabei als Leitstation eines Netzwerks ähnlicher Einrichtungen in ganz Europa.“ Dieses Netzwerk soll laut Medienberichten mittlerweile aber nicht mehr funktionstüchtig sein, „weil andere Länder gezielt technische Kräfte ausgewiesen haben“, so Riegler.

Aufgrund des personellen Engpasses muss Russland seine Strategie wechseln. Es sei davon auszugehen, dass Russland verstärkt Gebrauch von „Non Official Cover“ machen werde, um „wieder operative Schlagkraft“ aufzubauen, schreibt die DSN. Agenten werden dadurch nicht mehr unter diplomatischem Schutz, sondern unter einem anderen Deckmantel tätig.

„Die Möglichkeiten sind vielschichtig“, sagt Riegler. Es könne sich um Angestellte im Wiener Büro der russischen Fluggesellschaft Aeroflot, um Personen „von einer Presse-Agentur, der russischen Handelsvertretung oder einem Kulturverein handeln“. Zwar besitzen die Spione keine diplomatische Immunität mehr. Dafür sind sie „nicht von vornherein im Blickfeld der Spionageabwehr“. Es sei „herausfordernd, diese Agenten zu enttarnen“.

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