Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat das Sankt Petersburger Wirtschaftsforum an Glanz verloren. Westliche Politiker und Wirtschaftsvertreter hüten sich vor einer Teilnahme, berichtet die „Financial Times“. Karin Kneissl ist als Gastrednerin vor Ort.
Als „russisches Davos“ bezeichnet, tummelten sich früher am Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg Spitzenpolitiker aus Deutschland, Frankreich und dem Rest der Welt, Mitglieder der russischen Elite und internationale Investoren. Die OMV bewarb dort, da hatte Russland schon die ukrainische Halbinsel Krim annektiert, vor wenigen Jahren noch die engere Zusammenarbeit mit Russland. Auch Ex-Kanzler Christian Kern sprach sich für eine „Lösung“ bei den Russland-Sanktionen aus.
Nach der russischen Invasion in der Ukraine sieht das anders aus: Ein am Dienstag veröffentlichtes Programm listet einige wenige westliche Vertreter auf. Doch viele davon werden nicht zu der einst renommierten Veranstaltung fahren - oder negieren überhaupt eine Einladung erhalten zu haben, berichtet die „Financial Times“. So etwa Ex-Google-Chef Eric Schmidt. Viele Gastredner seien sehr interessiert teilzunehmen, „doch selbst wenn sie kommen, wir können nicht über sie sprechen, denn wenn wir sie erwähnen, werden sie lebendig gegessen“, sagte vergangenes Monat Dmitrij Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Vertreter aus Russland-freundlichen Staaten
Ex-Außenministerin Karin Kneissl, die mit Putin auf ihrer Hochzeit in der Südsteiermark tanzte und ein teures Hochzeitsgeschenk von ihm erhielt, sagte als eine der wenigen westlichen Gastrednerinnen zu, schreibt die „Financial Times“. Sie hält sich mittlerweile zwar im Libanon auf, sorgt aber durch den Vorwurf der Russland-Nähe immer noch für öffentliche Debatten: Im Vorjahr wurde sie heftig kritisiert, weil die frühere Aufsichtsrätin des russischen Ölkonzerns Rosneft nach Putins Angriff auf die Ukraine im Netz russische Propaganda-Sujets verbreitet hatte. Im Dezember stellte sie via Twitter Fotos aus Moskau ins Netz, um die „Schönheit“ der Stadt im Schnee zu betonen – was ihr sogar Kritik des polnischen Ministerpräsidenten einhandelte.
Die politischen Gäste beim diesjährigen Forum stammen vor allem aus mit Russland befreundeten Staaten, berichtet die „Financial Times“: etwa aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, China, Indien oder Saudiarabien. Hochrangige Politiker seien aber kaum vertreten. Selbst die wenigen westlichen Unternehmer, die teilnehmen werden, wollen keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, so der Bericht. Einige dürften die Organisatoren gebeten haben, keine Namenskärtchen tragen zu müssen.
(me)