Lyrik

Dine Petrik: Das lyrische Ich schlägt Alarm

In „Handgewebe lapisblau“ vereint Dine Petrik Gedichte mit drängendem Rhythmus und lässt die Göttin Ischtar auftauchen.

Dine Petrik ist vor allem als Biografin Hertha Kräftners bekannt, für deren einzigartige Gedichte sie seit Jahren die Trommel rührt. Nun hat Petrik mit „Handgewebe lapisblau“ den siebenten Lyrikband aus eigener Produktion vorgelegt. Das Motto aus „Also sprach Zarathustra“ mahnt nicht reife Könnerschaft ein, sondern Aufruhr: „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“ Tatsächlich pulsiert ein drängender Rhythmus in diesen Gedichten, Ungeduld und eine quecksilbrige Beweglichkeit triumphieren über alles Stille und Beschauliche. Gleich zu Beginn gerät das Echo auf „nietzsches nachtlied“ zum Menetekel der ablaufenden Zeit, der das Ich trotzt, „bleich im schein der alten mac / maschine“: „ach, die uhr geht nach / die unruh steigt / kein engel wacht / gib acht in dieser –.“ Ist das schon der befürchtete finale Abbruch? Nicht nur hier bleibt das erlösende Wort am Vers- und Gedichtende aus, das kunstvoll (Binnen-)Gereimte entfaltet seine Magie auch so.

Der erste Abschnitt ist stimmig mit „lyrics“ übertitelt, der dritte mit „vertont“, man kann sich vieles sehr gut gesungen vorstellen, das weltläufige Panorama umfasst nicht zuletzt Musiker, von Tom Waits und David Bowie bis Luigi Nono, Bach und Schubert. Das zu produktivem Scheitern verurteilte Bemühen, die Musik im Gedicht „nachzusingen“, zwingt Lust und Schmerz zusammen, und mitunter verwandelt das Wort im nächsten Vers den Sinn des vorigen – „elegisch“: „dieser zustand glück inside / ein arioso das wort tränen / unterdrücken / tiefe atemzüge.“ Dann schlägt das lyrische Ich wieder „alarm“, weil doch auch ihm das Hemd näher ist als der Rock: „das fest und ausgehaltene leben / immer da und nichts daneben / viel zu nah das hemd / beileibe täglich enger.“

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