Medienpolitik

Ringen um ORF: Privatsender beziehen Stellung

Nach außen herrschte beim 4Gamechanger-Festival Harmonie zwischen ORF und Privaten. Doch Letztere fordern in der Begutachtung mehr Beschränkungen bei Werbungen und online für den ORF.

Am Donnerstag läuft die Begutachtungsfrist für die ORF-Reform aus. Bis dahin kann jeder über die Parlamentshomepage eine Stellungnahme abgeben, knapp siebenhundert waren es am Freitag. Und es dürften im letzten Anlauf noch einige dazukommen. Denn so harmonisch wie sich ORF und Privatsender am 4Gamechanger-Festival präsentierten, dürfte es hinter den Kulissen nicht zugehen. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann und ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker predigten „Kooperation statt Konkurrenz“ und ein „kooperatives Mediensystem“. Breitenecker ist aber auch stellvertretender Vorsitzender des Privatsenderverbands VÖP. Dessen Geschäftsführerin Corinna Drumm kündigt gegenüber der „Presse“ nun eine „umfassende und kritische“ Stellungnahme zum ORF-Paket an.

Kritikpunkt sind u. a. „zu weitreichende Online-Freiheiten“ für den ORF. „Vor allem zu wenig Beschränkungen für Online-only-Inhalte, zu lange Bereitstellungsdauern für bestimmte Genres und eine starke Ausweitung des Video-/Audioangebots“, kritisiert Drumm. Auch die „deutliche Ausweitung des ORF-Budgets um rund 50 Millionen Euro“ und „fehlende wirksame Ausgleichsmaßnahmen“ für negative Wettbewerbseffekte will der VÖP vorbringen. Die geplante Radio-Werbereduktion sei „praktisch wirkungslos“, weil die Möglichkeiten ohnehin nicht ausgeschöpft würden. Auf stärkere TV-Werbebeschränkungen sei hingegen „gänzlich vergessen“ worden. Nachdem der ORF Empfänger einer staatlichen „Beihilfe“ sei, seien Änderungen des Auftrags bzw. seiner Finanzierung EU-rechtlich nur zulässig, wenn diese die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf den Medienmarkt ausgleichen würden, so Drumm. Die vorgesehenen Maßnahmen seien aber „bei Weitem nicht ausreichend“. Ein EU-beihilfenrechtliches Thema, „das zu klären ist“.

Produzenten fordern „faire Abgeltung“

Bereits hochgeladen hat die Vereinigung unabhängiger Produktionsfirmen ihre Stellungnahme. Sie beklagt, dass die Chance vertan wurde, die Unabhängigkeit des ORF zu stärken und den parteipolitischen Einfluss „strukturell auszuschalten“. Die Produzenten wollen, dass zwanzig Prozent der Mittel aus der Haushaltsabgabe für österreichische Produktionen zweckgewidmet werden. Vor allem im Bereich der Dokumentationen sei es zu „massiven Kürzungen“ der Mittel pro Sendeminute gekommen. Keine Freude hat man mit der Ausweitung der Nachnutzung von ORF-Inhalten im Internet von derzeit sieben auf bis zu 90 Tage. Hier fordere man „eine faire Abgeltung“ durch den ORF. Nachdem der ORF öffentliches Geld verwalte, sollte er außerdem verpflichtet werden, seine vergebenen Budgets transparent zu machen, aufgeschlüsselt nach Genres, Sendeplätzen und Produktionsfirmen. Das sei z. B. bei Stellen öffentlicher Filmförderung „seit Jahren geübte Praxis“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2023)

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