Spielraum

Als ein Österreicher Tischtennis-Weltmeister wurde

Werner Schlager
Werner Schlager
  • Drucken

2003 feierte Werner Schlager eine Sternstunde. Wie steht es um ihn, seinen Sport, jetzt, 20 Jahre später?

Fast jedes Kind spielt und liebt Tischtennis. Weil Österreich aber anders ist, muss auch diese wunderbare Disziplin ihr Dasein hierzulande als Randsportart dulden. Oft im Schatten, auf Sport+ versteckt, von notorischen Ignoranten bloß als „Pingpong“ belächelt. Dabei ist es fürwahr eine unfassbar hohe Kunst, Ballonabwehr, krachende Vorhand, Spin oder mit Effet gepflegtes Service zu bieten. Wer dieses Spiel einmal in China live gesehen hat, der weiß, was Faszination und Hingabe sein kann. Und wo, in Österreich nach jeder Hallentür, die Grenzen liegen.

Allein aus dieser Sicht ist es viel mehr als bloß ein Märchen, was Werner Schlager bei der WM 2003 in Paris gelungen ist. Der Star von SVS NÖ und dem ÖTTV-Team holte in Bercy zum großen Coup aus. Ein Österreicher besiegte Chinas Titelverteidiger Wang Liqin und Olympiasieger Kong Linghui. Er wehrte fünf Matchbälle ab und gewann im Finale sensationell gegen den Südkoreaner Joo Se-hyuk 4:2.

Wenn man von unglaublichen Sternstunden spricht im Zusammenhang mit Österreichs Sport, bleiben wenige Namen omnipräsent. Thomas Muster, Dominic Thiem, Marcel Hirscher, Hermann Maier, Niki Lauda, Jochen Rindt, Georg Totschnig, Roman Hagara/Hans-Peter Steinacher, Kate Allen, Peter Seisenbacher, Annemarie Moser-Pröll – oder eben Schlager, der sich nie verbog, seine Meinung äußerte, stets seiner Wege ging. So wie alle anderen zuvor Genannten auch: nicht das System in Österreich formt Großes, es sind immer Einzelzellen, die über den Tellerrand hinaus reichen, an das Unmögliche glauben.

Was bei ihm einst mit Bruder Harald beim Training auf dem Dachboden begonnen hat, wurde Leidenschaft, Berufung und Beruf. Reisen und Aufträge in China, die Vision, etwas von seinem Wissen und Können weiterzugeben: Schlager konnte bloß nie etwas mit uniformen Auftritten anfangen. Er startete 2011, mit Partnern, in Schwechat die „Werner Schlager Academy“, hatte die sportliche Leitung der im Multiversum integrierten Ausbildungs- und Trainingsstätte. Es war Stützpunkt des Tischtennis-Nationalteams, ein Heim für Hobbyspieler und Schüler.

2015 kullerten Insolvenz und Nachrede über Missbrauch von Fördergeld über die Tischkante, alles endete erst 2023 mit neun Freisprüchen vor Gericht. Der Weltmeister spielt jetzt Tischtennis lieber daheim mit seinen Kindern. Weil Österreich anders ist. Auch im Umgang mit seinen Siegern.

markku.datler@diepresse.com

www.diepresse.com/sport

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.