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Ein Badeanzug für Jedermann?

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Ein männlich gelesenes Model trägt einen Badeanzug der Pride-Kollektion und sorgt damit im Netz für einen Shitstorm.

Normalerweise ist die Aufregung groß, wenn sich die textile Fläche in der Mode verkleinert. Der Bikini etwa wurde erstmals 1946 nicht von einem Model, sondern von einer Revue-Tänzerin präsentiert, so skandalös muteten die kleinen dreieckigen Stoffstücke damals an. Der Minirock versetzte der Spießbürgerschaft Anfang der 1960er-Jahre ebenfalls in Schnappatmung. Mittlerweile ist man vestimentär einiges gewohnt, doch eine Adidas-Kampagne sorgt im Netz jetzt für empörte Reaktionen. Der Grund: Ein als männlich gelesenes Model trägt einen Badeanzug.

An zu wenig Stoff kann es nicht liegen - schließlich sind Männer in Speedos weitaus freizügiger unterwegs. Nein, Adidas spielt mit den gesellschaftlichen Erwartungen und diese werden auf den Kopf gestellt. Denn Badeanzüge und Bikinis werden von Frauen getragen und gemodelt. Und wehe, wenn dem nicht so ist.

Im Netz jedenfalls wird zum Boykott aufgerufen vor allem die konservativen Kreise in den USA hat die Werbung in Aufregung versetzt. US-Schwimmerin Riley Gaines wirft Adidas sogar vor, mit Werbungen wie diesen Frauen auslöschen zu wollen. Riley, die sich in der Vergangenheit schon oft gegen Transfrauen im Sport ausgesprochen hat, twitterte: "Sie hätten zumindest sagen können der Badeanzug sei 'unisex'. Aber das haben sie nicht gemacht, weil es darum geht, Frauen auszulöschen." Dass zumindest auf der Deutschen Website der Badeanzug sowohl in der Männer- als auch in der Frauenrubrik angeboten wird und zusätzlich noch von einem weiblich aussehenden Model getragen wird, sollte Gaines Kritik wohl entkräften. Wiederum andere User vergleichen Adidas mit Bud Light. Die Bierfirma hatte das Transmodel Dylan Mulvaney als Testimonial ausgewählt, woraufhin zum Boykott aufgerufen wurde und sich Menschen dabei filmten, wie sie Budweiser-Produkte zerstörten

Der Badeanzug stammt aus der 30-teiligen Pride 2023 Kollektion des Unternehmens. Entworfen wurde er vom queeren südafrikanischen Designer Rich Mnisi und entstand in Zusammenarbeit mit der Nonprofit-Organisation Ahtlete Ally, deren Anliegen die Abschaffung von Homo- und Transphobie ist. Die Zusammenarbeit mit Mnisi feiere "Selbstdarstellung, Fantasie und den unerschütterlichen Glauben daran, dass Liebe verbindet", heißt es in der Produktbeschreibung.

Worte wie diese werden sich oftmals eher wie Worthülsen und Plattitüden lesen. Denn die Realität ist für viele Menschen, die sich der LGBTQIA+-Community zuschreiben, wohl eine ganz andere. Ein Safe Space um als männlich gelesene Person einen Badeanzug zu tragen ist das Netz auf jeden Fall nicht und wahrscheinlich auch kein 08/15-Freibad. Doch Kampagnen und Shitstorms wie diese zeigen einmal mehr, wie wichtig der Kampf um Sichtbarkeit und Akzeptanz ist.

Denn was ist schon dabei, als Mann oder männlich gesehene Person einen Badeanzug zu tragen? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es üblich, dass Männer und Frauen den Oberkörper bedeckten. Doch leider geht es bei Debatten um diesen eben nie nur um ein Stückchen Stoff oder Modemut, sondern um viel mehr.

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