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Diskussion über Arielles Hautfarbe: Und was, wenn sie ein Mann wäre?

Das Märchen, das dem Film zugrunde liegt, ist weitaus tragischer.
Das Märchen, das dem Film zugrunde liegt, ist weitaus tragischer.(c) Giles Keyte (Disney)
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In der Neuverfilmung von "Arielle" stören sich manche an der Hautfarbe der Meerjungfrau. Doch hinter der Figur im Märchen dürfte ein homosexueller Mann stecken - der Märchenautor selbst.

Zum Kinostart der Neuverfilmung von "Arielle" brandet die Diskussion um die Hautfarbe der Protagonistin noch einmal auf. Die Rolle der Meerjungfrau wurde ja mit der schwarzen Schauspielerin Halle Bailey besetzt, was beim Erscheinen des Trailers teils für Unmut gesorgt hatte. Die Rede war da etwa von der "Zerstörung von Kindheitserinnerungen" - im Zeichentrick-Klassiker "Arielle, die Meerjungfrau" von 1989 sah man ja eine rothaarige Nixe mit weißer Haut. Regisseur Rob Marshall erklärte nun (erneut), dass Halle Bailey für ihn schlicht die beste Besetzung gewesen wäre. Man habe nach einer Frau gesucht, die überirdisch gut singen könne, sagte er. Und Stärke, Unschuld und Verletzlichkeit zeige. Es habe keine Agenda gegeben, explizit eine "woman of color" zu casten.

Der Regisseur wunderte sich jedenfalls über die Debatte. "Es kommt mir etwas veraltet vor, dass wir das im Jahr 2023 überhaupt noch diskutieren, wissen Sie?" Vor 25 Jahren habe er an einem Fernsehmusical gearbeitet, in dem Cinderella von einem jungen schwarzen Mädchen gespielt wurde. Und er verwies auf Whitney Houston als gute Fee und Whoopi Goldberg als Königin. Dass Arielles Hautfarbe heute noch eine Nachricht sei, komme ihm wie aus einem anderen Jahrhundert vor.

Das Märchen dahinter: Die Liebe bleibt unerfüllt

Aus einem anderen Jahrhundert stammt freilich der Stoff hinter dem Disney-Film, das Märchen des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen: "Die kleine Meerjungfrau" von 1837. Schon lange wird das Märchen mit Andersens vermuteter Homosexualität in Verbindung gebracht. Wobei man wissen muss: Die Liebe der Meerjungfrau bleibt im Märchen unerwidert, Disney glättete die Geschichte sehr.

So gibt es bei Andersen etwa kein klassisches Happy End, in dem die Meerjungfrau und der Prinz zusammenkommen. Sie gibt alles für ihn auf, aber der Prinz heiratet schließlich eine andere. Ein Mädchen, das, im Gegensatz zur Nixe, sprechen kann. Am Morgen nach der Hochzeit erwartet die Meerjungfrau eigentlich der Tod, doch sie stirbt nicht, sondern verwandelt sich in einen Luftgeist.

In der Meerjungfrau steckt Hans Christian Andersen

Schon in den 90er Jahren enthüllten Literaturwissenschaftler die Geschichte dahinter: Märchenautor Andersen soll vor beinahe 200 Jahren Edvard Collin geliebt haben, den schönen Sohn seines reichen Vormunds. Die Liebe blieb unerfüllt, und der junge Mann heiratete. Gerade da schrieb Andersen sein Märchen von der unmöglichen, unerfüllten Liebe der Meerjungfrau, deren Prinz heiratet. Das Märchen von der Meerjungfrau, die sich verwandeln will. Die sich ihre Zunge herausschneiden lässt, damit sie zu den Menschen gehören kann. Die bei jedem Schritt Schmerzen leidet.

Dass hinter der Figur Andersen selbst steckt, ist eine valide Theorie. Andersen "hätte nicht einmal eine eigene Szene erfinden müssen, in der die Jungfer in Männerkleidung auftritt, um zu verstehen zu geben, dass sich eben das, ein Mann, in ihr verbirgt", schrieb Michael Maar in seiner Dissertation 1995. In der Figur verberge sich "ein Mann, der einen andern liebt und seine Nähe sucht, auch wenn ihm daraus nur Qualen erwachsen, geheime Qualen, über die man nicht reden kann, wenn einem die Meerhexe die Zunge abgeschnitten hat."

(rovi)

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