Ermittlungen

Anschlag auf Nord-Stream-Pipeline: Neue Spuren führen in die Ukraine

(c) via REUTERS (RITZAU SCANPIX)
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Ein deutsches Recherchekollektiv präsentiert neue Details zu einer bekannten Fährte. Demnach könnte einer der Täter des Anschlags auf die Pipeline ein ukrainischer Soldat gewesen sein.

Die Schlagzeile verspricht neue Einblicke. „Der Nebel um Andromeda lichtet sich“, schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ) über eine Recherche, die sie zusammen mit NDR, WDR, der schwedischen Expressen, der dänischen Berlingske und dem polnischen Magazin frontstory.pl durchführte. Andromeda, so hieß das Segelschiff, laut SZ ein „Dickschiff“, auf dem Ermittler bereits vor Monaten eine Spur zu jener Gruppe gefunden haben könnten, die einen der spektakulärsten Anschläge auf europäische Infrastruktur der vergangenen Jahrzehnte durchgeführt hat: die Zerstörung von drei der vier Stränge der Nord-Stream-Gaspipelines, die von Russland nach Deutschland gelegt wurden.

Die Ermittlungen zum Anschlag sind politisch hochbrisant. Mehrere Länder sind damit befasst, auch der Kreis in Frage kommender Täter ist nicht kleiner geworden. Dementsprechend bedeckt halten sich die deutschen Behörden offiziell. Bereits bekannt war durch eine ältere Recherche von Zeit und ARD, dass eine Gruppe von fünf Männern und einer Frau im Verdacht stehen soll. Sie segelte in der Andromeda vom Hafen im deutschen Rostock in die Nähe der späteren Anschlagsorte. Die Jacht wurde von einer polnischen Firma angemietet, die wiederum damals nicht genannten Ukrainern zugeordnet wurde. Zu dieser Firma und den Ukrainern veröffentlichte das deutsch-schwedisch-dänisch-polnische Recherchekollektiv nun neue Details.

Die Spur zu einem ukrainischen Soldaten

Sie sahen sich in Warschau das Unternehmen an, das die Jacht gechartert hatte. Und fanden ein Konstrukt, das darauf hindeutet, dass es sich um eine Briefkastenfirma handelt. Im selben Bürogebäude sind über hundert Unternehmen registriert, einen Ansprechpartner fanden die Journalisten nicht vor. Interessant ist der Werdegang des Warschauer Unternehmens: Es wurde 2016 registriert, lange tat sich laut den vom Recherchekollektiv eingesehenen Bilanzen kaum etwas. Im Jahr 2019 wechselte es den Besitzer. Im Jahr 2020 explodierte laut Bilanz der Umsatz auf 2,8 Millionen Euro.

Die in den Handelsunterlagen vermerkte Besitzerin ist eine 32-jährige Frau von der Halbinsel Krim, die neben der ukrainischen auch die russische Staatsbürgerschaft angenommen haben soll. Sie sagte den Journalisten, sie besitze das Warschauer Unternehmen nicht. Die Geschäfte leitet laut den Papieren seit 2021 eine 55-jährige Ukrainerin, deren Name in Firmen in Polen und in der Ukraine aufscheint. Die deutschen Behörden vermuten, dass es sich ebenfalls um Briefkastenfirmen handelt. Die Frau gab gegenüber den Journalisten zu, die Leiterin zu sein. Weitere Fragen ließ sie unbeantwortet.

Ebenfalls aus deutschen Ermittlerkreisen will das Recherchekollektiv von einem der Männer erfahren haben, die sich auf der Jacht befunden haben. Es soll sich um einen 26-jährigen Ukrainer handeln, der in der Nähe von Kiew aufgewachsen ist und in der ukrainischen Infanterie gedient habe. Die Journalisten veröffentlichten ein verfremdetes Foto des Mannes, halten seine Identität aber geheim.

Es ist das brisanteste Detail der Recherche. Nur: Warum genau dieser Mann verdächtigt wird und wer diese Information aus welchem Grund an die Öffentlichkeit spielt, erklärt das Recherchekollektiv nicht genau. Am Ende ist unklar, wie diese neuen Details zu bewerten sind. Von einem Geheimdienst bis zu einer autonom arbeitenden Untergrundgruppe - weiterhin ist offen, wer den Anschlag verübte. Das Recherchekollektiv berichtet, die deutschen Ermittler hätten keine Anhaltspunkte gefunden, jemand könnte mit der Fahrt der Andromeda eine falsche Spur gelegt haben. Ausschließen lasse sich das allerdings auch nicht.

(zot)

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