Ab Donnerstag im Kino

So ist der neue „Arielle“-Film: Unter dem Meer gibt's alle Hautfarben

Arielle die Meerjungfrau
Arielle die MeerjungfrauDisney
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Dem neuesten Disney-Remake eilen allerlei Debatten voraus, von der Hautfarbe der Meerjungfrau bis zu einem jamaikanischen Fake-Akzent. Nun kommt der Film – und fügt dem alten Märchenstoff kulturelle und politische Erklärungen hinzu. Muss das sein?

Sind Meerjungfrauen weiß? Die bessere Frage wäre: Soll man wirklich über die Hautfarbe eines Fabelwesens debattieren? Genau das passiert nämlich, seitdem bekannt wurde, wer die Hauptrolle in der Neuverfilmung des Disneyfilms „Arielle, die Meerjungfrau“ von 1989 spielt. Dass die Schauspielerin und Sängerin Halle Bailey nicht so aussieht wie die Zeichentricknixe mit der blassen Haut und dem knallroten Haar, sorgte für erstaunlichen Unmut in den sozialen Medien (und zugleich für Entzückung bei schwarzen Kindern, die sich, was selten genug ist, in einer Heldin optisch wiedererkennen konnten).

Am Donnerstag kommt der Film nun in die Kinos. Zum neuen Erscheinungsbild der Märchenfigur liefert Disney darin auch einen Erklärungsansatz mit: Arielle, die jüngste Tochter des Unterwasserkönigs Triton, hat da sechs Schwestern, die diverse Ethnien von Nordeuropa bis Ostasien abbilden. Klar – sind sie doch, wie Triton (Javier Bardem) sagt, „meine Töchter aus den sieben Weltmeeren“!

Mehr Erklärungen, mehr kulturelle und politische Einordnungen: Das lässt sich generell über den Film sagen, der fast eine Stunde länger ausfällt als das Zeichentrickvorbild – nicht nur dank ausgiebiger digitaler Kameratauchfahrten durch strahlende Korallenlandschaften. Die Handlung bleibt nah am alten Film: Arielle, von Bailey einnehmend quirlig–naiv dargestellt, sehnt sich nach der Welt an Land – und nach dem menschlichen Prinzen Eric. In ihrer Verzweiflung vertraut sie sich einer Meerhexe an – Melissa McCarthy gibt diese diabolische Oktopus-Frau so exaltiert, wie sie nur kann (und aufdrehen kann sie).

Handelte das Märchen einst von geheimer Homosexualität?

Was kulturhistorische Vorbilder angeht, kommt einiges zusammen in dieser neuen Adaption des alten Märchenstoffes: Die Sirene, die mit unwiderstehlicher Stimme betört, ebenso wie die typische Disney-Lieblichkeit (nicht zuletzt durch die Karaoke-erprobten Lieder, die hier durch ein paar neue (Rap-)Nummern von Lin-Manuel Miranda ergänzt werden) und eben Hans Christian Andersens Märchenvorlage. Deren zentrale Handlung, also dass die Figur ihre Stimme aufgibt im Austausch für ein anderes Leben, ist in der Vergangenheit ebenso antifeministisch gedeutet worden wie als tragischer Ausdruck von Hans Christian Andersens unerfüllter Liebe zu einem Mann.

Arielle die Meerjungfrau
Arielle die MeerjungfrauDisney

Der wacklige Balanceakt, die Meerjungfrau zu einer selbstbestimmten Figur aufzuwerten, die für sich selbst kämpft, zugleich aber passiv auf einen erlösenden Kuss warten muss (was wieder Consent-Fragen aufwirft), ist dem Film bisweilen anzumerken. Letztendlich ist das Unterfangen aber geglückt: Der neue „Arielle“-Film hat viele schöne Momente, visuell wie emotional. Und Halle Bailey – die sich im Gesangsduo mit ihrer Schwester Chloe auf Youtube einen Namen gemacht hat – gibt mit ihren rostroten Dreadlocks, die in den Wellen schwingen, eine bezaubernde Protagonistin.

Krabbe Sebastian spricht jamaikanisch

Prinz Eric (Jonah Hauer-King) hat hier indessen seine eigenen Konflikte: Selbst gefangen in einem goldenen Käfig, strebt er nach der Internationalisierung seines Inselreichs. Er will „anderen Kulturen die Hand reichen“. Seine eigene dürfte irgendwo in der Karibik angesiedelt sein, was deutlicher ausgeprägt ist als im Zeichentrickvorbild. Nicht nur in der mitreißend choreographierten Calypso-Nummer „Under the Sea“, gesungen von der Krabbe Sebastian: Diese hatte schon im Zeichentrickfilm in der englischsprachigen Version einen jamaikanischen Akzent. Dass der kalifornische Darsteller Daveed Diggs nun ganz ohne eigene jamaikanische Wurzeln einen Fake-Akzent bemüht, hat wieder für Debatten gesorgt.

„Arielle“ kam spät in der Welle der Disney-Neuverfilmungen

Du kannst es nicht allen recht machen: Damit hat Disney gerade auf mehreren Ebenen zu kämpfen. Der Konzern war lange darauf bedacht, nirgends anzuecken: etwa durch global verträgliche Geschichten mit gerade so viel Political Correctness, wie die Zeit verlangt. Da wurden in den vielen Neuverfilmungen, an denen sich das Studio seit Jahren abarbeitet, Frauenfiguren sanft gestärkt, rassistische Untertöne elegant eliminiert. Für manche konservativen Stimmen, gerade in den USA, ist das schon zu viel der Anpassung ihrer geliebten Zeichentrickfilme: „Woke Disney“, schimpfen sie.

In die Kerbe schlägt auch der republikanische Präsidentschaftsanwärter und Floridas Gouverneur Ron DeSantis: Seitdem sich der Disney-Konzern – entgegen seiner politisch zurückhaltenden Gewohnheit – scharf gegen ein Gesetz des Bundesstaats Florida aussprach, dass den Unterricht in Schulen in Bezug auf Sexualität einschränkt, liefert sich der Politiker eine Fehde mit Disney.

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