Konzertkritik

Bach und die Fröhlichkeit der Sehnsucht nach dem Tode

Dorothee Mields und Michi Gaigg mit ihrem vielseitigen L'Orfeo Barockorchester ließen im Konzerthaus die Gegensätze aufeinanderprallen.

Eine Person hat genug von der Welt, die andere freut sich auf bescheidene Art des Lebens: Beim Konzert des L´Orfeo Barockorchesters im Konzerthaus waren große Gegensätze angesagt. Sopranistin Dorothee Mields und die Instrumentalisten rund um Gründerin und Leiterin Michi Gaigg brachten „Ich habe genug“ und „Ich bin in mir vergnügt“ von Johann Sebastian Bach in den Mozart-Saal.

Erstere, die als eine der Lieblingskantaten des Komponisten gilt, ließ die verschiedenen Phasen der Todessehnsucht nachvollziehen. Erst vorsichtiger, später umso überzeugter wurde der Wunsch nach dem Ende besungen. Ursprünglich für Bass und Oboe geschrieben, hörte man beim Auftritt des L´Orfeo Barockorchesters die Version für Sopran und Traversflöte, an letzterer gefiel die junge Deutsche Sophia Aretz mit Klarheit und Charme. Zu Beginn noch ein wenig kehlig – und das just bei dem so wichtigen Wort „habe“ sowohl in der Arie „Ich habe genug“ als auch im gleichnamigen Rezitativ - agierte Dorothee Mields bald mit viel Leidenschaft und Nachdruck. Die Sopranistin überzeugte mit herrlichen Koloraturen, als letztlich eine fröhlich wirkende Arie in „freue mich auf meinen Tod“ mündete.

Zugabe: „Du meine Seele singe"

Musikalisch also gar nicht einen so starken Kontrast, wie das Thema vermuten ließe, brachte dann das beschwingte „Ich bin in mir vergnügt“. Es ist dies eine Kantate, die Bach großteils nach Texten von Christian Friedrich Hunold schrieb. Ein in sich ruhender Mensch, der nicht nach irdischem Reichtum strebt, wird als edel gepriesen. Bach nahm sich Kantaten italienischen Stils von Scarlatti und Caldara sowie solche von Händel zum Vorbild und variierte die Begleitinstrumente öfters, wodurch die Musiker von L'Orfeo viele Möglichkeiten hatten, ihre Fertigkeiten unter Beweis zu stellen. Mields ihrerseits war durchaus gefordert, der Gesangspart umfasst fast die gesamte 35-minütige Komposition. Manch eine Phrasierung hätte genauer sein können, in der Höhe war manches unsauber, aber sie wusste mit prägnanter Stimme und Ausdruckskraft sowie exakter Artikulation zu gefallen. Runder noch wirkte die Zugabe: „Du meine Seele singe“ von Johann Georg Ebeling, nun auch mit einer sichtlich gelasseneren Solistin.

Vor die beiden Gesangsteile stellte man Bachs „Ouverture C-Dur BWV 1066“, in der der Komponist auf für die damalige Zeit so typische Weise den französischen Musizierstil für seine Zwecke adaptierte und eine ungezwungen wirkende Unterhaltungsmusik schuf, die die Musiker von L'Orfeo mit viel Spielfreude präsentierten. Zudem brachte man rund um Oboistin Carin van Heerden eine Rekonstruktion von Johann Sebastian Bachs Konzerts in A-Dur BWV 1055 – erstellt unter der Annahme, der Komponist habe es eigentlich für Oboe d'amore geschrieben, die eine Terz tiefer ist als herkömmliche Oboen. Van Heerden brachte höchst präzise zu Gehör, was bei der bekannteren Klavierfassung für die rechte Hand notiert ist. Eine stimmige Zusammenstellung.

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