Tisch für vier

Lokalkritik im Nido: Die zwei Lauser

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Im winzigen Nido in Wiens Spitalviertel gibt es jetzt sehr würzige, mediterran angehauchte Wirtshausküche.

„Die zwei Lauser“ steht da auf der Rückseite der Menü-Tafel, die hinter der Eingangstür des winzigen Ecklokals lehnt. Was ist das? Der kleine „Große Schlagerspaß“ zwischen AKH und Wiener Privatkliniken? Ist diese unscheinbare Sackgasse vielleicht nur scheinbar eine solche? Wird hier gar noch auf Tischen getanzt, und wenn ja, von wem? Vor allem aber: Wo war ich? Der kryptische Tafel-Eintrag zeugt allerdings noch von den Vorpächtern dieses putzigen Neighboorhood-Cafés, in dem seit drei Wochen erstaunlich ambitioniert gekocht wird – die zwei Lauser sind weitergezogen, einer davon, tatsächlich, ein Schlagersänger namens Johann Rosenhammer. Dagegen klingt Philipp Barosch erst einmal ernüchternd.

In der Wiener Wirtshaus-Schlagerparade ist er allerdings alles andere als ein One-Hit-Wonder. Nach Stationen in hoch­seriösen Beislküchen vom Seidl in der Ungargasse bis Zum Reznicek im Neunten (bevor es 2022 hip wurde) hat Barosch sich mit dem Nido wieder selbstständig gemacht. Wie es der Koch, der einst bei den Drei Husaren lernte, schon einmal im Rathausstüberl in Laxenburg war. Jetzt baute er sich ein gemütlicheres Nest, so Nido auf Italienisch. Ein bisschen unentschlossen mediterran in der Einrichtung vielleicht, dafür gemütlich mit breiten Bänken und vielen Pölstern. Die vier Tische drinnen und zwei, drei draußen schafft er jedenfalls mit Nonchalance, im Service unterstützt von der ebenso tiefenentspannten Gattin.

Zu Mittag gibt es hier Unverdächtiges – ein Gemüsecurry, Penne mit Tomate, Kalbsbutterschnitzi mit Püree, Einheitspreis 12 Euro. Am Abend wird es, auch ohne Schlager, um einiges unterhaltsamer: An den Tischchen am Trottoir trinkt die Studentenschaft ­Negroni in Weingläsern (nun ja). Sie ­versäumt das sehr leistbare Essen: Der Winterkabeljau mit Zitronenrisotto und Spargel (19 Euro) ist geschmacklich noch auf der sehr zarten Seite, aber an der gebratenen Lammleber (18 Euro) und den Rotwein-Kalbsbackerln mit sardischer Kugelpasta beginnt es geschmacklich aus dem Ruder des Alltäglichen zu laufen, herrlich. Höhepunkt sind die trüffel­gefüllten Gnocci mit gebratenem Radiccio (17  Euro). Nach dem Pfeffer braucht man hier, endlich einmal, nicht nachzufragen. Dem Einzigen, dem man nicht trauen sollte: der Angabe, dass hier alles in Vorspeisengröße serviert wird. Aber da hatten wir die Topfenknödel mit Erdbeeren (8 Euro) schon bestellt. Manchmal zahlt es sich wirklich aus, ­Kinder zu haben.

Info

Nido Bistro, Borschkegasse 1, 1090 Wien, Tel.: +43/(0)664 535 10 19, Restaurant:
Mo–Fr, 11.30–22.00 Uhr.

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