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"Kein Verständnis für Rekordgewinne": Brunner fordert nach prächtigen EVN-Zahlen rasche Preissenkungen

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Als Krisengewinner sieht sich die EVN trotz 70-prozentigem Ergebnis-Plus nicht, der Konzern verweist auf den Verlust der Vertriebsgesellschaft mit 223,1 Millionen Euro. Finanzminister Magnus Brunner erwartet zeitnahe Preissenkungen für Endkunden.

Der niederösterreichische Landesenergieversorger EVN hat im 1. Halbjahr 2022/23 prächtig verdient, gleichzeitig aber den Schuldenstand kräftig nach oben gefahren und eine Sonderdividende eingeplant. Das Ergebnis-Plus von 70 Prozent auf 214,7 Millionen Euro sei ein Nachholeffekt aus dem Südosteuropa- und Projektgeschäft. Die von der Bundesregierung angedachte Erlösabschöpfung würde die EVN rund 50 Millionen Euro kosten, so das Management.

Als Krisengewinner der hohen Energiepreise sieht sich die EVN nicht und verweist auf den Verlust der Vertriebsgesellschaft mit 223,1 Millionen Euro. Dass die Energiepreise wieder auf das Vorkrisenniveau fallen, sei ohnehin nicht zu erwarten, schon alleine wegen der Kosten für die Dekarbonisierung. Denn dass Wind und Sonne keine Rechnung schicken, sei nicht die ganze Wahrheit - die Anlagenbetreiber würden sehr wohl Geld sehen wollen, so EVN-Vorstandsdirektor Franz Mittermayer. Die große Herausforderung, auch finanziell, sei die Speicherung des vielen grünen Stroms, der im Sommer anfalle, aber im Winter benötigt werde. "Es wird eine andere Preissituation geben wie vor der Pandemie", so Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz am Donnerstag vor Journalisten. Der Anteil an erneuerbarer Erzeugung lag bei der EVN zuletzt bei 72 Prozent.

Zu den geplanten Ausbauzielen bis 2030 hieß es heute, dass die Windkraft von derzeit 407 auf 750 MW ausgebaut werden soll, bei der Photovoltaik gehe es von momentan 26 auf 300 MW. Weiters sollen 40 Umspannwerke dazu kommen. Die Stromerzeugung der EVN lag im ersten Halbjahr 2022/23 mit 1573 GWh um 21,2 Prozent unter dem Vergleichswert des Vorjahres. Eine günstige Wasserführung konnte das unter dem Durchschnitt liegende Winddargebot nicht ausgleichen, so die Begründung.

EVN blickt auf ausgezeichnetes Halbjahr zurück

Die aktuelle Bilanz der EVN schaut jedenfalls ausgezeichnet aus, das Betriebsergebnis (Ebit) legte um 53,7 Prozent auf 276,2 Millionen Euro zu, das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um elf Prozent auf 466,4 Millionen Euro. Der Umsatz erhöhte sich um 3,1 Prozent auf 2,193 Milliarden Euro. Während die Ergebnisse deutlich zulegten, stieg die Verschuldung ebenso kräftig an. Sie betrug mit 1. März 23 laut EVN 1,748 Milliarden Euro, nach 1,245 Milliarden Euro noch im September 2022 und 814 Millionen Euro im September 2021. Begründet wird der Schuldenaufbau mit den Marktschwankungen, die den Cashbedarf für den Zukauf von Energie erheblich in die Höhe getrieben hätten.

Mit 193,2 Millionen Euro lag der Personalaufwand im Berichtszeitraum "infolge kollektivvertraglicher Anpassungen" um 7,7 Prozent über dem Vorjahresniveau. Der Personalstand erhöhte sich im Jahresabstand auf 7185 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vorjahr: 7147).

Beim Ausblick gibt sich der Konzern optimistisch. "Der Beitrag der operativen Geschäftstätigkeit der EVN zum Konzernergebnis im Geschäftsjahr 2022/23 wird am oberen Ende der bisher kommunizierten Bandbreite bei rund 250 Millionen Euro erwartet", hieß es. Zusätzlich fließe dem Konzernergebnis 2022/23 der Ergebnisbeitrag aus der Beteiligung an der Verbund AG in Höhe von 158 Millionen Euro zu.

51 Prozent der EVN gehören dem Land Niederösterreich, 28 Prozent entfallen auf die Wiener Stadtwerke, der Rest befindet sich im Streubesitz. Vorige Woche hatte die Ankündigung der EVN, eine Sonderdividende auszuzahlen, für kräftigen Ärger gesorgt. Der Landesenergieversorger hatte angekündigt, dass Aktionäre zur Basisdividende von zumindest 52 Cent je Aktie eine Sonderdividende von 62 Cent erhalten sollen. Die Sonderausschüttung betrage 111 Millionen Euro. Die SPÖ meinte, man könne "nur den Kopf schütteln". Sie verwies darauf dass die EVN bei den Stromtarifen im Spitzenfeld aller privaten und öffentlichen Anbieter Österreichs liege. Die Grünen meinten, die Landesregierung aus ÖVP und FPÖ "zockt Haushalte ab". Die NEOS forderten, wie andere Parteien auch, eine Senkung der Tarife für die Landesbürger. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erklärte damals, man werde genau darauf achten, dass die EVN die Preise soweit und sobald möglich senkt.

Brunner erwartet rasche Preissenkungen für Endkunden

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte heute: "Die Bevölkerung hat kein Verständnis für Rekordgewinne bei Energieversorgern, vor allem wenn diese mehrheitlich in öffentlicher Hand sind. Wir haben als Bundesregierung erst vor zwei Wochen die Gewinnabschöpfung verschärft, dennoch erwarte ich mir von allen Verantwortlichen, dass sie direkt als Unternehmen die Preise für Endkunden so rasch wie möglich senken."

APA/GEORG HOCHMUTH

EVN-Vorstandssprecher Szyszkowitz meinte heute, dass die "enormen Marktverwerfungen" dazu geführt hätten, dass die EVN zu stark gestiegenen Preisen einkaufen musste und die Beschaffungskosten nur zeitversetzt weiter gegeben werden können - nach unten wie nach oben. "Aus heutiger Sicht könnte es in den kommenden Monaten zu einem weiteren Rückgang der Großhandelspreise um rund 15 bis 20 Prozent kommen. Diese Verbesserung im Einkauf könnte dann die EVN KG im Herbst für zusätzliche Bindungsrabatte zur Kostenentlastung für Kunden der EVN KG nutzen", hieß es am Donnerstag.

Für Aufregung sorgt aktuell eine politische Personalie bei dem Landesenergieversorger. ÖVP-Klubchef Jochen Danninger könnte ab Juni in den Aufsichtsrat der EVN einziehen, womöglich als Vizepräsident - was die SPÖ kritisiert und von einem "persönlichen Teuerungsausgleich" Danningers spricht. Der Klubchef selbst bestätigte den Zusatzjob vorerst nicht: "Die Hauptversammlung entscheidet, wer Mitglied des Aufsichtsrats wird."

(APA)

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