greentec steel. In Linz und Donawitz werden ab 2027 zwei Hochöfen durch zwei Elektrolichtbogenöfen ersetzt. Allein mit diesem ersten Schritt reduzieren sich die CO2-Emissionen in der Stahlherstellung um bis zu 30 Prozent.
Stahl prägt unseren Alltag, schließlich zählt er zu den weltweit am meisten verwendeten Werkstoffen. Und auch in puncto Nachhaltigkeit ist er aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Denn Stahl ist ohne Qualitätsverlust wiederverwertbar und äußerst langlebig. Am Ende seines Produktlebenszyklus wird er in Form von Schrott in den Produktionskreislauf zurückgeführt. Zudem kann mit Hightech-Stahl beispielsweise im Automobilleichtbau, bei Kraftwerksturbinen oder bei erneuerbaren Energien wie Windkraft sechs Mal so viel Energie und damit CO2 eingespart werden, wie in seiner Produktion entsteht.
Bei der Stahlerzeugung entsteht aktuell jedoch unvermeidlich CO2. Laut einer Studie der internationalen Unternehmensberatung Roland Berger zeichnet die europäische Stahlindustrie für rund vier Prozent aller CO2-Emissionen in Europa verantwortlich. Die Möglichkeiten für deutliche Einsparungen mit traditionellen Produktionsprozessen sind ausgeschöpft. Grüne Stahlherstellung erfordert einen grundlegenden Technologiewandel.
Die voestalpine, Österreichs einziger Rohstahlproduzent, hat mit greentec steel einen ambitionierten Stufenplan entwickelt, um ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten zu können.
Klarer Stufenplan
Im ersten Schritt plant der Stahl- und Technologiekonzern ab 2027 die bestehende, kohlebasierte Hochofentechnologie durch eine grünstrombetriebe Elektrolichtbogenofentechnologie zu ersetzen. Der Bau soll 2024 starten und drei Jahre später kann jeweils ein Elektrolichtbogenofen (Electric Arc Furnace, EAF) an den beiden Produktionsstandorten in Linz und Donawitz in Betrieb gehen. Das Investitionsvolumen dafür beträgt rund 1,5 Milliarden Euro. Mit den beiden Elektrolichtbogenöfen kann die voestalpine ab 2027 jährlich rund 2,5 Mio. Tonnen CO2-reduzierten Stahl produzieren, davon 1,6 Mio. Tonnen in Linz und 850.000 Tonnen in Donawitz. Ab 2030 plant die voestalpine mit der Ablöse von je einem Hochofen in Linz und
Donawitz den nächsten großen Schritt für eine langfristige klimaneutrale Stahlproduktion. Der genaue Beginn der Umsetzung ist noch abhängig von der Klärung offener Förderfragen in Österreich.
Neue Technologie
Im Gegensatz zur jetzigen Hochofen-LD-Route (Anm. Linz-Donawitz-Verfahren), bei der Koks und Kohle als Reduktionsmittel verwendet werden, kann der EAF ohne fossile Energieträger betrieben werden. Je nach Qualitätsanforderungen kommt dabei ein Mix aus Schrott, flüssigem Roheisen und HBI (Anm. Hot Briquetted Iron) zum Einsatz. Das benötigte HBI bezieht die voestalpine primär über die Direktreduktionsanlage in Texas/USA, die sich seit 2022 mehrheitlich im Besitz eines globalen Stahlproduzenten befindet. 20 Prozent gehören der voestalpine. Der Konzern hat im letzten Jahr mit dieser Beteiligung in Texas einen langfristigen Liefervertrag von jährlich 420.000 Tonnen HBI abgeschlossen. Die langfristige Rohstoffversorgung mit HBI und Schrott ist für die voestalpine ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil.
„greentec steel ist das größte Klimaschutzprogramm in Österreich. Wir können damit ab 2027 fünf Prozent der österreichweiten jährlichen CO2-Emissionen einsparen.“
Herbert Eibensteiner, CEO der voestalpine AG
Mit dem teilweisen Umstieg von der Hochofen- auf die Elektrostahlroute können bereits ab 2027 die CO2-Emissionen um bis zu 30 Prozent reduziert werden. Das entspricht einer Einsparung von knapp vier Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich und damit immerhin fast fünf Prozent des österreichischen CO2-Ausstoßes. Eine wichtige Voraussetzung für die Umsetzung dieser ersten großen Etappe ist jedoch die ausreichende Verfügbarkeit erneuerbarer Energie zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen und leistungsfähige Netze. Nur so kann die internationale Wettbewerbsfähigkeit sichergestellt werden.
Option Wasserstoff
Bis 2050 will die voestalpine ihre Treibhausgasemissionen auf Netto-Null reduzieren. Dafür forscht der Konzern bereits an mehreren, neuen Verfahren und investiert in Pilot-Projekte, die neue Wege in der Stahlerzeugung aufzeigen.
Dazu zählen etwa Forschungsprojekte wie die Wasserstoffpilotanlage H2FUTURE am Standort Linz zur Herstellung und Nutzung von „grünem“ Wasserstoff im industriellen Maßstab sowie die Versuchsanlagen zur
klimaneutralen Stahlerzeugung durch Direktreduktion von Erzen mittels Wasserstoff in Donawitz.
greentec steel Edition
Die voestalpine gilt seit Jahrzehnten als Umwelt- und Effizienzbenchmark der Branche. Der Konzern hat in den letzten Jahrzehnten massiv in den Umwelt- und Klimaschutz investiert, allein in den vergangenen zehn Jahren wurden dafür im Konzern mehr als 2,4 Milliarden Euro nur an laufenden Betriebskosten aufgewendet. Seit mehr als einem Jahr bietet das Unternehmen bereits auch alle Flachstahlprodukte in der greentec steel Edition an. Dazu zählen beispielsweise Elektrobänder, wie sie auch bei Windenergieanlagen eingesetzt werden, und hochfeste Stähle für den Automobilleichtbau. Möglich ist das aufgrund eines innovativen Rohstoffmixes und noch effizienterer Prozesse.
Die voestalpine kann so den steigenden Bedarf im Hochqualitätssegment für ihre Kunden abdecken und gleichzeitig bereits heute ihren Beitrag zu den globalen Klimazielen leisten. Der Stahl- und Technologiekonzern hat dabei ein klares Ziel: die Qualitätsführerschaft in der klimafreundlichen bzw. CO2-neutralen Stahlproduktion.
Die Technologieumstellung in Linz und Donawitz im Überblick
Hochofen. In der traditionellen Hochofenroute kommen Koks und Kohle als Reduktionsmittel zum Einsatz. Im Rahmen des voestalpine Stufenplans greentec steel werden diese in Zukunft schrittweise durch CO2-ärmere Reduktionsmittel ersetzt.
Elektrolichtbogenofen (Electric Arc Furnace, EAF). Die Errichtung eines Elektrolichtbogenofens ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur grünen Stahlerzeugung. Erste Vorarbeiten wurden bereits gestartet. Anfang 2027 gehen je ein Elektrolichtbogenofen in Linz und Donawitz in Betrieb.
Standort Donawitz: Der Plan, wie das Stahlwerk der voestalpine in Leoben-Donawitz laut greentec steel ab 2027 aussehen soll.
HBI. Bei der Elektrostahl-Route kommen Schrott, flüssiges Roheisen und HBI zum Einsatz. HBI wird im Direktreduktionsprozess hergestellt. Dabei wird für HBI Eisenerz nicht mit Kohle und Koks, sondern mit Erdgas (in Zukunft auch mit Wasserstoff möglich) reduziert, wodurch weniger CO2-Emissionen entstehen.
Stromversorgung. Der Schmelzprozess im EAF benötigt große Mengen an elektrischer Energie. Die Versorgung mit grünem Strom in ausreichender Menge zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen sowie leistungsfähige Netze gelten als Grundvoraussetzung für eine Dekarbonisierung der Stahlerzeugung.
Standort Linz: Der Elektrolichtbogenofen ersetzt ab 2027 einen Hochofen der traditionellen Hochofenroute.