Der seit Monaten erwartete Großangriff samt schweren westlichen Waffen scheint nicht in die Gänge zu kommen oder tut das derzeit noch recht im Verborgenen. Es gibt auch gewisse Probleme dabei - nicht zuletzt, genau weil er allseits erwartet wird. Versuch einer Einschätzung.
Angekündigte Revolutionen finden nicht – oder selten – statt, heißt es. Für angekündigte militärische Operationen, insbesondere Offensiven in einem laufenden Krieg, gilt das wohl sinngemäß.
Man sieht das anhand der seit Monaten erwarteten ukrainischen Frühjahrsoffensive: Oft wurde schon im März darüber spekuliert, dass sie jeden Moment starten könnte, obwohl Wetter, Bodenzustand, der Grad an neuem Material, neuen Einheiten und Munitionsvorräten der Ukrainer ganz klar nicht mitspielten. Bis Anfang Mai hatte sich das in vieler Hinsicht verbessert (am wenigsten indes beim Munitionsthema), es ging wettermäßig sogar ein langes trockenes Zeitfenster auf.
Und was folgte? Die Russen haben die seit dem Vorjahr auf grauenhafteste Art umkämpfte Donbass-Stadt Bachmut, ein Stalingrad des 21. Jahrhunderts, de facto erobert; an der mehr als 1500 Kilometer langen Front plus Staatsgrenze gibt es weiterhin Scharmützel; Raketen und Drohnen fliegen hin und her; Italiens Rundfunkanstalt RAI zitierte gestern den ukrainischen Regierungsberater Mychailo Podoljak: Er sagte, die Offensive sei „schon seit mehreren Tagen" am Laufen. „Einzelne Operationen haben begonnen."