Legal Tech

Juristen wollen mehr Zeit für Beratung

Bei sich wiederholenden Tätigkeiten gibt es in den Anwaltskanzleien und Rechtsabteilungen viel Potenzial für Standardisierung, Automatisierung und Digitalisierung.

Vor einem Jahr hatte die Prioritätenliste der Rechtsanwaltskanzleien und Rechtsabteilungen noch ganz anders ausgesehen: Die Digitalisierung hatte sich damals ganz oben befunden. Heuer, sagt Sophie Martinetz, Gründerin und Managing-Partnerin von Future-Law, ergab das Legal-Tech-Barometer ein anderes Bild: „Topthema ist, innovative Arbeitsmethoden für das Unternehmen bzw. für die Kanzlei zu schaffen, um die Servicequalität auf dem Markt zu erhöhen.“ Und noch ein Thema rangiert ganz oben: „Die Bindung von Mitarbeitenden“, sagt Martinetz. Was die Organisationen dazu zwingt, Personal- und Organisationsentwicklung zu betreiben. Was gerade „für freie Berufe keine Selbstverständlichkeit ist“.

Befragt wurden von Future-Law dazu etwas mehr als 80 Juristinnen und 120 Juristen. Rund die Hälfte von ihnen arbeitet in der Anwaltschaft, je rund 15 Prozent in einer Corporate-Rechtsabteilung bzw. im Notariat, weitere fünf Prozent im öffentlichen Dienst. Außerdem haben 70 Prozent der Befragten leitende Funktionen inne.

Zentral widmete sich die Befragung der Digitalisierung der juristischen Arbeitsabläufe. 28 Prozent sind nicht zufrieden, die überwiegende Mehrheit hingegen schon, 16 Prozent sogar sehr zufrieden. Überwiegend besteht die Meinung, dass mit Legal-Tech-Tools Klienten besserer Service geliefert werden kann, ohne dass das Vertrauensverhältnis darunter leidet. Drei Viertel planen in den kommenden drei Jahren eine stärkere Nutzung digitaler Werkzeuge und Lösungen, fast ebenso viele wollen interne Prozesse neu gestalten, um effizienter arbeiten zu können.

Interessant sind die Angaben über den Anteil sich wiederholender Tätigkeiten im juristischen (nicht im administrativen) Bereich: Knapp ein Drittel sieht den Anteil bei 30 Prozent, gut 20 Prozent sagen, sich wiederholende Tätigkeiten machen die Hälfte der Arbeitszeit aus, knapp zehn Prozent sagen, es wären sogar 60 Prozent. Für Martinetz ist dieses Ergebnis insofern überraschend, als viele der sich wiederholenden Tätigkeiten mittlerweile standardisiert, automatisiert bzw. digitalisiert werden könnten. Das speziell, weil „es den breiten Wunsch gibt, mehr Zeit für die Beratung zur Verfügung zu haben“. Genau das schätzen jene Kanzleien und Rechtsabteilungen, die schon jetzt digitalisiert haben. Sie sehen darüber hinaus, dass digitale Tools Abläufe organisieren, um rechtliche Anfragen zu verwalten. Und andere Geschäftsbereiche befähigen, rechtliche Themen selbstständig zu erledigen – Stichwort: Selfservices zur Erstellung von Standardverträgen.

Apropos Verträge: Gut 60 Prozent sagen, sie würden bestehende Verträge heranziehen und überarbeiten, fast ebenso viele adaptieren Mustervorlagen manuell, gut 20 Prozent verwenden Tools, die automatisiert Verträge erstellen.

Noch einmal zurück zur Arbeitszeit: Jeweils rund 40 Prozent der Befragten wenden ein bis drei Stunden bzw. vier bis acht Stunden pro Woche mit Suche und juristischer Recherche auf.

Die notwendigen Systeme, mit denen juristische Arbeit noch stärker zu digitalisieren ist, gibt es bereits, sagt Martinetz. Allerdings gebe es wohl kaum jene Systeme, die alle denkbaren Funktionalitäten erfüllten. Und darüber hinaus ist knapp die Hälfte der Befragten unsicher darüber, ob es in der Kanzlei bzw. der Rechtsabteilung überhaupt ein Budget für Legal Tech gibt.

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