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Warum man zu Pfingsten auch an Punsch denken kann

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Overhead view of winter mulled wine with spices on concrete background AnnaBogush_ID867_31939_006 Copyright: xAnnaxBogus(c) IMAGO/Addictive Stock (IMAGO/Anna Bogush)
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Wie viele Zehen hat der Fuß? Wie lang dauert es bis zur Apokalypse? Wie viele Mitglieder braucht ein Chor? Ein Lobgesang auf die Zahl fünf.

„Two's a crowd“, singen die Rolling Stones in „Get off of My Cloud“, „Three's a crowd“, sagen die übrigen Briten. Beides stimmt nicht. Auch vier sind noch keine Menge, da ist die Gefahr der Pärchenbildung zu akut. Die Menge fängt erst mit fünf an. Fünf Menschen brauchte man zumindest, um das Wunder nachzustellen, das beim morgigen Hochfest gefeiert wird. In der Apostelgeschichte ist zwar von „ungefähr 120“ die Rede, aber mit fünf Darstellern ließe sich eine glaubhafte Sprachverwirrung zumindest andeuten.

Nicht nur für Pythagoreer (die wir, damit die Griechischlehrer nie wieder schimpfen, nie wieder Pythagoräer schreiben) hat die Zahl fünf etwas Wunderbares. Die Zahl der Planeten ist zwar seit ihrer Zeit auf neun gestiegen und wieder auf acht geschrumpft, aber die Hände haben noch immer jeweils fünf Finger und die Füße fünf Zehen. Fünf Jahre, jeweils von jetzt an gerechnet, dauert es laut Prophezeiung des seligen David Bowie bis zum Weltuntergang. Es gibt fünf Bücher Mose, die Muslime beten fünf Mal am Tag, die Christen verehren fünf Wundmale Christi. Das Wort Pfingsten kommt, auch wenn man es seinem Konsonantendschungel nicht mehr anhört, sogar von der Zahl fünf, wenn auch indirekt, über den fünfzigsten (pentekosté) Tag nach Ostern. (Was sich nicht ganz ausgeht, da sieben Mal sieben 49 ist, vielleicht ist das eine Erklärung für die sonst schlecht fassbare Bedeutung des Pfingstmontags.)

Die Etymologie beschert uns sogar eine Verbindung zum Advent: In diesem trinkt man Punsch, und der kommt auch von der Zahl fünf. Denn er enthält laut Überlieferung fünf Zutaten (Tee, Alkohol, Zucker, Früchte, Wasser), und fünf heißt in der indogermanischen Hindi-Sprache panca. Eine mögliche Rückverbindung zu Pfingsten wäre es, Punsch als den „süßen Wein“ in der Apostelgeschichte zu identifizieren. Dort unterstellen ja Spötter den gottesfürchtigen Männern, die plötzlich alle Sprachen verstehen, sie hätten solchen getrunken.

Wir wissen es besser. Und freuen uns, wenn, etwa derzeit in der „Antigone im Amazonas“ des Milo Rau, die Menschen in unterschiedlichen Zungen reden und einander doch verstehen. Noch mehr, wenn sie das, im pfingstlichen Gottesdienst, aber auch anderswo, singend in einem Chor tun. Und von einem solchen kann wohl wirklich erst bei einer Mindestbesetzung von fünf die Rede sein. Er muss ja nicht gleich „Take Five“ singen, da ist die Stolpergefahr ohnehin zu groß.

E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

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