In zwei burgenländischen Altenwohn- und Pflegeheimen werden derzeit Konzepte entwickelt, um die Bedingungen für alle Beschäftigten, Bewohnerinnen und Bewohner sowie ihre Angehörigen zu verbessern.
Wer Verwandte im Pflegeheim besucht, bekommt dort oft schnell einen Eindruck davon, wie sich das Aufgehen der demografischen Schere auswirkt: zu wenig Personal für zu viele hochgradig pflegebedürftige Menschen, zu wenig Zeit und Zuwendung, Gefühle der Überforderung auf allen Seiten.
Im Burgenland haben sich die Fachhochschule und deren Tochtergesellschaft „Forschung Burgenland“ vorgenommen, neue Ansätze und Methoden nach dem methodischen Ansatz der Positiven Psychologie umzusetzen, um das Leben und Arbeiten im Pflegeheim angenehmer für alle Beteiligten zu machen.
Auch Putzkräfte einbeziehen
„Wertschätzung Mensch“ nennt sich das Projekt, das in zwei Heimen der Diakonie Südburgenland in Oberwart und Pinkafeld durchgeführt wird. Im Fokus stehen alle Menschen, die sich in Heimen aufhalten: Pflegekräfte, Bewohnerinnen und Bewohner, deren Angehörige, aber auch das Verwaltungs-, Küchen- und Reinigungspersonal.
Wünsche und Hoffnungen der Heimbewohner werden derzeit durch Studierende der Gesundheits- und Krankenpflege erhoben. „Sie führen mit ihnen Gespräche, um Ressourcen und Potenziale zur Aufrechterhaltung und Stärkung ihrer Gesundheit erkennen zu können“, sagt Projektleiterin Magdalena Thaller-Schneider von der Forschung Burgenland. Zur Gesundheitsförderung des Personals wiederum sollen Maßnahmen des „Job Crafting“, also der aktiven Gestaltung des eigenen Arbeitsplatzes (siehe Lexikon), umgesetzt werden. „Das kann ein Nordic-Walking-Kurs sein, aber auch eine Initiative zur Stärkung der Gemeinschaft oder zur Pausengestaltung“, so die Gesundheitswissenschaftlerin.
Innerhalb der Belegschaft möchte man zudem Personen für bestimmte Spezialbereiche wie Trauerbegleitung ausbilden, was in diesem Fall den Angehörigen zugutekäme. Generell sollen Multiplikatoren aufgebaut werden. Thaller-Schneider: „Das heißt, im Pflegepersonal soll für Gesundheitsförderung und für Beziehungsarbeit jemand zuständig sein, auch wenn wir nach zweieinhalb Jahren weg sind.“
Das Projekt, das von der Agenda Gesundheitsförderung und dem Fonds Gesundes Österreich gefördert wird, will sich zudem mit den Rahmenbedingungen der Pflegeberufe beschäftigen. Das Kernproblem des Personalmangels werde man kurzfristig nicht beheben können, meint die Forscherin. „Aber man kann vielleicht Personal besser einsetzen und manche Abläufe anders planen, um mehr Zeit zu gewinnen.“
Fotokampagne fürs Image
Auch will man überlegen, wie ehrenamtlich arbeitende Personen am besten eingesetzt werden könnten. Nicht zuletzt soll die Einbindung von Studierenden dazu beitragen, Fachkräfte für die Zukunft zu gewinnen. „Wir hoffen, sie für die Langzeitpflege begeistern zu können, sodass sie diesen Bereich für ein Praktikum oder eine Tätigkeit in Betracht ziehen.“
Insgesamt sehe man als wichtig an, die positiven Seiten des Pflegeberufs stärker zu vermitteln, die – speziell in der Zeit der Pandemie – stark in den Hintergrund gerückt sind. Man habe dafür unter anderem eine Fotokampagne gestartet, sagt Thaller-Schneider. „Wenn das Personal nicht selbst das Bewusstsein hat, einen schönen Beruf zu haben, wird es das auch nicht nach außen tragen.“
Lexikon
Job Crafting ist eine Methode, bei der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben wird, ihre Arbeit motivierend und individuell zu gestalten. Sie wurde vor rund 20 Jahren von den US-amerikanischen Organisationspsychologinnen Amy Wrzesniewski und Jane Dutton entwickelt und kommt mittlerweile zunehmend auch im deutschsprachigen Raum zum Einsatz.