Das Bauen im Bestand senkt den Flächenverbrauch und schützt das Klima. Am Zentrum Alpines Bauen in Salzburg entstehen Methoden, um die Nachverdichtung mit Holz zu forcieren. Testgemeinden einer App für Flächenmanagement sind Bergheim und Oberndorf.
Jeden Tag werden in Österreich zwischen zehn und zwölf Hektar Boden zusätzlich beansprucht. Die Nachverdichtung – also die stärkere Verbauung von ohnehin schon bebauten Flächen etwa durch Aufstockung oder den Ausbau von Dachböden – ist einer jener Hebel, mit denen der Flächenverbrauch gesenkt werden kann. „Im urbanen Bereich wird das Potenzial schon stark genutzt, in den Landgemeinden muss das Thema Nachverdichtung noch stärker bewusst werden“, sagt der Geoinformatiker Thomas Prinz, Geschäftsführer der in Salzburg angesiedelten Research Studios Austria Forschungsgesellschaft.
Er ist einer jener Forschenden, die am Forschungs- und Transferzentrum Alpines Bauen an der Fachhochschule Salzburg mit dem Research Studio iSpace Werkzeuge entwickelt haben, damit Nachverdichtung, Energiesysteme und Holzbau besser ineinandergreifen und Impulse für Klimaschutz gesetzt werden. „Unser Ziel ist eine Energie- und Ressourcenoptimierung sowie klimaangepasstes Bauen“, betont Michael Grobbauer, Leiter des Zentrums Alpines Bauen.
Drei Schwerpunkte haben die Partner in den vergangenen fünf Jahren beschäftigt: Gebäudehülle, Energiesysteme und die Simulation des Siedlungssystems. Wenn sich einer dieser Bereiche ändert, hat das auch Auswirkungen auf die anderen: Werden mehr Häuser gedämmt, ändert sich der Bedarf an Heizenergie beispielsweise aus dem Fernwärmenetz. Wird stark nachverdichtet, muss auch überprüft werden, ob die Infrastruktur noch passend ist.
Mehr Wohnfläche, weniger Energie
Das Team konnte zeigen, dass Nachverdichtung mit gleichzeitiger Sanierung den Wärmeenergiebedarf sogar senkt – und das bei Erhöhung der Nutzflächen. Deshalb arbeiten die Partner am Zentrum Alpines Bauen stark mit Simulationen, um Gemeinden, Energieunternehmen oder Bauträgern bessere Grundlagen für langfristige Entscheidungen zur Verfügung zu stellen. Die Ergebnisse wurden nun in einem Buch zusammengefasst (frei als PDF auf https://alpinesbauen.at/downloads).
Der Geoinformatiker Prinz arbeitet z. B. an einer App, die mit Parametern wie Siedlungsstruktur, Baulandreserven oder Entwicklungszielen das Flächenmanagement von Kommunen erleichtern soll. Ziel ist es, den Baubestand einer Gemeinde zu optimieren, um nicht die grüne Wiese anzutasten. In den Flachgauer Gemeinden Bergheim und Oberndorf – klassischen Zuzugsorten – wird die App in der Praxis getestet.
Ebenfalls auf Simulationen basiert ein weiteres Werkzeug, das im Projekt entwickelt wurde. Wird ein Gebäude gut gedämmt, müssen die Bewohner im Winter weniger heizen. Die Forschenden untersuchten, wie sich Sanierungen und/oder Nachverdichtungen auf den Lastverlauf in einem Nah- oder Fernwärmenetz auswirken. Damit das Modell praxisnah ist, wurde mit tatsächlichen Fernwärmedaten gerechnet und es auf seine Plausibilität geprüft.
Mit dieser Basis lassen sich die Auswirkungen von einzelnen Maßnahmen simulieren, erklärt Grobbauer. Eine Möglichkeit, den Verbrauch zu optimieren und Lastspitzen zu mildern, ist die thermische Aktivierung von Massivbauten aus Beton, Ziegel oder Holz. Sie können zum Teil über mehrere Tage Wärme speichern und damit in Zeiten sehr hohen allgemeinen Wärmebedarfs abgekoppelt werden, um das Gesamtsystem zu entlasten, betont Grobbauer.
Eng mit diesem Gesamtbedarf an Wärmeenergie ist die Sanierung von Gebäudehüllen sowie die Nachverdichtung – etwa durch Aufstocken eines Hauses – verknüpft. Im dritten Projektschwerpunkt wurde eine Art Bausatz für Holzelemente entwickelt, um Bauunternehmen und Planern die Scheu vor Holzaufbauten zu nehmen.
In Zahlen
21 Prozent der Salzburger Landesfläche werden dem Dauersiedlungsraum zugerechnet. Durch die alpine Topografie ist das im Vergleich zu 61 bis 77 Prozent in Bundesländern wie Niederösterreich, Wien oder dem Burgenland gering.
42 km2 beträgt der mittlere Flächenverbrauch in Österreich pro Jahr – trotz sinkender Tendenz weit entfernt vom Zielwert von 9 km2/Jahr.
71.936 Wohneinheiten könnten laut Simulation im Bundesland Salzburg durch Nachverdichtung geschaffen werden.
Der Bausatz besteht derzeit aus 70 Bauteilen mit 300 Konstruktionsdetails. Das standardisierte System soll Holz bei Gebäudeerweiterungen forcieren und Kooperationen stärken. „Wir haben in Salzburg viele Handwerksbetriebe, die allein nicht die Kapazität für einen Aufbau mit 60 Wohneinheiten haben“, erläutert Grobbauer: „Mit einem einheitlichen System können sich kleinere Unternehmen einfacher zusammentun und den Auftrag abwickeln.“