Reisen

Das Verhalten der Deutschen unterwegs: Wer sagt hier Piefke?

imago images/Hans Blossey
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Natürlich ist eine derartige Verallgemeinerung unzulässig, aber wenn einem irgendwo auf der Welt ein belehrender, rechthaberischer Besserwisser begegnet, kommt er fast immer aus Deutschland.

Vor zwanzig Jahren war ich zu einem Literaturfestival in Mexiko eingeladen. Unter vielen internationalen Literaturstars stach einer hervor: Hans Magnus Enzensberger. Der von mir hochgeschätzte Schriftsteller parlierte in perfektem Spanisch, bezauberte mit seinem Wissen und konnte unfallfrei mit den Mariachis singen, ein wahrer Weltbürger. Als er aber im Restaurant nicht wie gewohnt bedient wurde, maßregelte er den Kellner und erklärte ihm pikiert, wie man Wein richtig dekantiert. Typisch deutsch, dachte ich damals, muss die ganze Welt belehren.

Einige Jahre später in einem Ressort auf den Malediven. Mein kleiner Sohn verfüttert Brot an Fische. Plötzlich braust ein anderer Feriengast heran und tobt: Das Füttern von Fischen ist hier verboten! Brot wächst nicht im Meer und kann für Fische tödlich sein. Meine Replik, ob denn Schokolade, Käse oder Wurst auf Bäumen wachse und daher für Menschen giftig sei, hörte er nicht mehr. Ich rief ihm nach, er solle einmal in Male auf den Markt gehen und sich ansehen, was die dort alles ins Meer kippen, doch er war längst weiter, die nächsten Touristen zu belehren, keine Muscheln einzusammeln und bloß nicht Sand mit nach Hause nehmen, weil dies das Ökosystem empfindlich störe. Typisch deutsch. So wie eine Hamburger Freundin, ehemals RAF-Sympathisantin, die fast einen Nervenzusammenbruch bekommt, wenn jemand bei Rot über die Straße läuft oder ohne Blinken abbiegt. Wenn ihr aber selbst etwas widerfährt, sagt sie: Das kann nicht sein, ich bin schließlich Deutsche!

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