Interview

Robert de Niro: „Spüre den italienischen Geist in mir“

APA/AFP/PATRICIA DE MELO MOREIRA
  • Drucken

Schauspieler Robert De Niro spricht über seine beiden neue Filme „Und dann kam Dad“ sowie „Killers of the Flower Moon“, seine italienischen Wurzeln, seine jahrzehntelang andauernde Freundschaft zu Regisseur Martin Scorsese und die Zukunft des Kinos.

Robert De Niro und Leonardo DiCaprio, dazu die Themen Geld und Gewalt: In „Killers of the Flower Moon“ greift Regisseur Martin Scorsese zu bewährten Mitteln. Herausgekommen ist ein Westernkrimi mit schockierender Geschichte, die auf wahren Tatsachen beruht. Die dreieinhalbstündige Apple-Produktion feierte Weltpremiere in Cannes – und wurde mit minutenlangen Standing Ovations bedacht. Der Film erzählt vom indigenen Volk der Osage, die im Oklahoma der 1920er-Jahre Opfer eines großen Verbrechens wurden.

Wie vielseitig De Niro als Schauspieler ist, zeigt seine Rolle in der Komödie „Und dann kam Dad“ der Regisseurin Laura Terruso, die seit Freitag im Kino läuft und in der auch Kim Cattrall („Sex and the City“) mitspielt. Robert De Niro im Interview.

Sie sind bekannt als einer der besten Schauspieler aller Zeiten, nicht zuletzt in dramatischen Rollen von „Taxi Driver“ bis jüngst in „The Irishman“. Trotzdem spielen Sie immer wieder auch in albernen Komödien wie nun „Und dann kam Dad“ (seit 25. Mai im Kino) mit. Entscheiden Sie da nach Ihrem eigenen Geschmack?

Robert De Niro: Nein, der Humor muss nicht unbedingt meiner sein, damit ich ein Angebot wahrnehme. Wichtiger ist mir, dass die Geschichte mindestens im Kern eine gewisse Wahrhaftigkeit mitbringt. Ich muss das glauben, was ich im Drehbuch lese, dann bin ich interessiert. Italiener können das ganz gut, finde ich, so eine Mischung aus Komödie und Drama. Im Fall von „Und dann kam Dad“ mochte ich, wie der italienischstämmige Komiker Sebastian Maniscalco hier von sich und seinem Vater erzählt. Und die Wurzeln der Regisseurin Laura Terruso liegen ebenfalls in Italien. Da waren meine Hoffnungen hoch, dass dabei ein stimmiger Film herauskommt.

Worüber haben Sie selbst zuletzt herzlich gelacht?

Über meine elfjährige Tochter, als sie mir neulich die Leviten gelesen hat.


Und weil Sie gerade das Italienische betonten: Wie wichtig sind Ihnen Ihre Wurzeln?

Meine Herkunft ist natürlich deutlich durchmischter als die von Salvo, den ich nun in „Und dann kam Dad“ spiele. Meine Urgroßeltern väterlicherseits kamen aus Italien in die USA, aber meine Familiengeschichte ist auch sehr irisch geprägt. Aber ich identifiziere mich durchaus mit meiner italienischen Seite, keine Frage.


Was an Ihnen ist denn besonders italienisch?

Keine Ahnung. Ich kann auch nicht wirklich beschreiben, was der italienische Geist ist. Aber ich spüre ihn in mir.


Im Film sprechen Sie sogar relativ viele Dialoge auf Italienisch. Geht Ihnen das leicht von der Zunge?

Ich spreche die Sprache durchaus, würde mich aber nicht als fließend bezeichnen. Ich wünschte, ich wäre besser. Aber es reicht zumindest für einfachere Konversationen und um in Restaurants in Italien etwas zu bestellen. Solche Sachen eben. Vielleicht sagen wir es einfach so: Für einen Amerikaner ist mein Italienisch nicht schlecht.


Sind Sie – wie Salvo im Film – auch ein guter Koch?

Nein, und ich koche auch nicht wirklich viel. Aber umso mehr weiß ich gutes Essen natürlich zu schätzen.


Wie wichtig war es für Sie, dass Ihre Figur an den echten Vater von Sebastian Maniscalco angelehnt ist? Sie haben den realen Salvo ja sicherlich getroffen, oder?

Oh ja, das war mir auch wirklich wichtig. Ich ließ ihn nach Oklahoma einfliegen, wo ich mit Scorsese und Leo DiCaprio den Film „Killers of the Flower Moon“ drehte. Da hat Salvo mich ein paar Tage besucht, und immer, wenn ich nicht vor der Kamera stehen musste, gingen wir gemeinsam das Drehbuch zu „Und dann kam Dad“ durch oder er erzählte mir etwas aus seinem Leben. Mir war das wichtig, denn ich wollte nicht nur Sebastians Blick auf seinen Vater kennen, sondern mir selbst ein Bild verschaffen. Und Salvo hat sich gefreut, dass ich ihm Scorsese vorgestellt habe.


Die Vater-Sohn-Beziehung im Film ist eine sehr enge. Fühlten Sie sich da an die zu Ihrem eigenen Vater erinnert, dessen Vermächtnis nicht nur als Künstler Sie ja unter anderem mit einem Kunstpreis und einem Dokumentarfilm aufrechterhalten?

Mein Verhältnis zu meinem Vater war ein vollkommen anderes. Ich habe ihn geliebt, keine Frage. Aber so eng verbunden wie die beiden im Film waren wir dann doch nicht.


Der Name Scorsese fiel schon, Ihr zehnter gemeinsamer Film, „Killers of the Flower Moon“, feierte nun gerade in Cannes Weltpremiere. Ihre beiden Karrieren sind untrennbar miteinander verbunden. Wie würden Sie beschreiben, was er Ihnen als Filmemacher und Freund bedeutet?

Ach wissen Sie, ich kann mich einfach sehr glücklich schätzen, dass wir uns nun schon so lang kennen und zusammenarbeiten. Wenn ich noch zehn weitere Filme mit ihm drehen könnte, hätte ich rein gar nichts dagegen. Das Spannende ist ja, dass sich unsere Wege eigentlich schon kreuzten, als ich noch ein Kind war. Ich sah ihn in der Nachbarschaft, und auch wenn er nicht zu meinem Freundeskreis gehörte, hatten wir doch einen gemeinsamen Bekannten, der sich in beiden Cliquen bewegte. Und heute sind wir so eng verbunden und haben all diese Filme zusammen gedreht. Ich finde das immer noch erstaunlich.

Obwohl der Film von einem Streamingdienst finanziert worden ist, wird er im Herbst zumindest für eine Weile auch auf der Leinwand zu sehen sein. Eine Frage, die in diesem Kontext immer wieder gestellt wird: Machen Sie sich Sorgen um die Zukunft des Kinos?

Insgesamt schließt sich ja Streaming und Kino nicht aus. Eine Serie, wie ich sie zum Beispiel gerade für Netflix vorbereite, ist eine ganz andere Erzählform als ein Film, mit viel mehr Raum, um Geschichten und Figuren auf den Grund gehen zu können. Was den Einsatz von Filmen auf der Leinwand angeht, hat Marty ganz klare Meinungen und kämpft deswegen jedes Mal dafür, dass man seine Arbeiten erst einmal im Kino sehen kann.


Teilen Sie seine Ansicht diesbezüglich nicht?

Doch. Die Erfahrung, einen Film in einem Kinosaal auf großer Leinwand zu sehen, ist etwas ganz Besonderes, das sich durch nichts ersetzen lässt. Schon allein, weil es ein Gemeinschaftserlebnis ist. Natürlich kann man auch mit seiner Familie oder einer Gruppe Freunde zu Hause auf dem Sofa sitzen. Und tatsächlich haben einige dort ja inzwischen Bildschirme hängen, die größer sind als früher manche Leinwand. Aber am Ende ist es eben doch eine andere Erfahrung. Deswegen bin ich eigentlich überzeugt davon, dass uns das Kino nie ganz abhandenkommen wird.


Apropos abhandenkommen: Könnten Sie sich angesichts der politischen Lage und Stimmung dieser Tage vorstellen, dass wir demnächst ein Revival jener Art politischer Filme erleben werden, wie sie etwa in den 1970er-Jahren an der Tagesordnung waren?

Vorstellbar ist das natürlich. Aber warten wir mal ab. Politik und Kunst gehen ja nicht immer Hand in Hand. Letztere ist immer eine Reaktion auf Erstere, deswegen gibt es da meistens eine Verzögerung, und man sieht den Boom politischer Geschichten nicht selten gerade dann, wenn man ihn thematisch vielleicht gar nicht mehr so dringend brauchte. ⫻

Steckbrief

1943
wurde Robert De Niro in Manhattan in New York City geboren. Er wuchs als Einzelkind in einer italienisch-irischen Künstlerfamilie auf.

1974
gelang ihm mit „Der Pate – Teil zwei“ der internationale Durchbruch als Schauspieler, schon zuvor machte er mit herausragenden Leistungen auf sich aufmerksam. Es folgten zahlreiche Erfolgsfilme wie etwa „Taxi Driver“, „Wie ein wilder Stier“, „Kap der Angst“, „Casino“, „Heat“, „Sleepers“, „Ronin“, „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ und zuletzt „The Irsihman“. Für seine Rolle in „Wie ein wilder Stier“ wurde er mit dem Oscar als bester Hauptdarsteller und für jene in „Der Pate – Teil zwei“ als bester Nebendarsteller ausgezeichnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.