Bildungsschere

Bildungsungleichheit hat laut Lehrern in Coronajahren zugenommen

Die Presse/Clemens Fabry
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Lehrer orten durch die Pandemie einen Leistungsabfall bei Schülern - quer über ihren sozioökonomischen Status. Bei benachteiligen Schülern ist die schulische Entwicklung aber weitaus schlechter.

In Österreich wird das Bildungsniveau stärker als in anderen Ländern vererbt, das hat zuletzt die internationale Volksschul-Lesevergleichsstudie PIRLS erneut belegt. Während bei PIRLS die Leistungskluft zwischen Kindern mit niedrigem und hohem sozioökonomischem Status seit der Coronapandemie zumindest nicht noch größer wurde, haben bei einer aktuellen Studie der Uni Wien 84 Prozent der 458 befragten Lehrer angegeben, dass die Bildungsungleichheit weiter gestiegen sei.

Für das Team um Susanne Schwab, das seit Mai 2020 vier Mal Lehrerinnen und Lehrer aus ganz Österreich online zum Thema inklusive Bildung während Covid-19 befragt hat, ist der Befund aus der jüngsten Erhebung vom November 2022 insofern alarmierend, als bei der letzten Befragungswelle ein Jahr zuvor noch deutlich weniger Befragte (61,8 Prozent) ein weiteres Aufgehen der Bildungsschere geortet haben. "Dies lässt darauf schließen, dass die negativen Auswirkungen der Pandemie auf das Bildungssystem nach drei Jahren nicht als abgeschwächt eingeschätzt werden, sondern in ihrem Ausmaß als tendenziell gravierender wahrgenommen werden", so die Studienautorinnen.

Sozioökonomisch benachteiligte Schüler am meisten von Pandemie betroffen

Bei sozioökonomisch benachteiligten Schülerinnen und Schülern (Eltern mit geringem Bildungsabschluss bzw. beruflichem Status, wenig materielle Ressourcen) sahen in der jüngsten Erhebung 78 Prozent des befragten Lehrpersonals eine schlechtere oder sogar deutlich schlechtere schulische Entwicklung als vor Beginn der Coronapandemie. Doch auch bei Schülern, die nicht sozioökonomisch benachteiligt sind, orten 40 Prozent einen Leistungsabfall. Außerdem befürchteten bei der jüngsten Erhebung im vergangenen November weiterhin jeder bzw. jede fünfte Befragte wegen der veränderten Rahmenbedingungen eine Erschwernis bei der Entwicklung einer gemeinsamen Wissensbasis von Schülern einer Klasse - und das, obwohl damals de facto keine speziellen Covid-19-Maßnahmen (Test- oder Maskenpflicht etc.) mehr gültig waren.

Ebenfalls überraschend ist vor diesem Hintergrund, dass sich mit 60 Prozent damals mehr Lehrpersonen (eher) stark belastet fühlten als ein Jahr zuvor (48 Prozent). Dazu passt der Befund jedes Zweiten, dass an der eigenen Schule zu wenige Schulsozialarbeiter bzw. - psychologen zur Verfügung stehen. Grundsätzlich ist die Arbeitszufriedenheit dessen ungeachtet hoch: So gaben 90 Prozent an, dass ihnen ihre Arbeit Spaß macht und sie sich gerne an ihrem Arbeitsplatz aufhalten.

(APA)

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