Türkis-Grün

Der nächste Klimastreit der Koalition

Archivbild vom März 2023: ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker im Gespräch mit der Klubchefin der Grünen, Sigrid Maurer.
Archivbild vom März 2023: ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker im Gespräch mit der Klubchefin der Grünen, Sigrid Maurer.APA/ROBERT JAEGER
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Die ÖVP rückte gegen die Grünen wegen einer Forderung aus, die diese nie gestellt haben wollen.

Wien. Die Frage, wie Österreich das angepeilte Ziel der Klimaneutralität erreichen soll, sorgt in der Bundesregierung zunehmend für Zündstoff. Vor Monaten positionierte sich Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) klar in der Frage, er ging auf Distanz zu Klimaaktivisten und forderte vehement den Erhalt von Verbrennungsmotoren – zum Ärger des Koalitionspartners. Indes stecken größere Umweltschutzvorhaben – etwa das Klimaschutzgesetz – in der Koalition fest, andere Projekte drohen an der verweigerten Zustimmung der SPÖ zu scheitern, weil sie Zweidrittelmehrheiten im Parlament erfordern.

Am Pfingstsonntag flammte der Klimastreit in der Koalition neu auf, Auslöser dafür war eine Attacke der ÖVP auf Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker beschwerte sich in einer Aussendung darüber, dass die Ressortchefin den Verbrennungsmotor früher als von der Europäischen Union geplant verbieten wolle. Stocker: „Ein Verbrenner-Aus kommt für uns überhaupt nicht infrage. Nicht 2035 und schon gar nicht bereits im Jahr 2027, wie Ministerin Gewessler das andenkt.“ Beim Klimaschutz wolle die ÖVP „Fortschritt statt Verbote“, daher setze man weiter auf Verbrennungsmotoren, betrieben etwa „mit Wasserstoff oder E-Fuels“, erklärte der Türkise. „80.000 Menschen arbeiten in der Automobilindustrie, und noch viel mehr sind indirekt betroffen. Ein Überrumpeln der Menschen, wie Gewessler das möchte, ist für die ÖVP undenkbar“, so Stocker.

Grünen-Umweltsprecher: Stockers Behauptungen „falsch"

Im Umweltministerium heißt es indes auf Anfrage: Gewessler möchte das gar nicht. Verbrennungsmotoren 2027 zu verbieten sei keine Forderung von ihr, sondern ein Wunsch des Klimarats – dabei handelt es sich um ein Gremium aus Bürgern, das unverbindliche Vorschläge erarbeitet hat.

Nach Stockers Vorstoß rückte Grünen-Umweltsprecher Lukas Hammer gegen den ÖVP-Generalsekretär aus. Stockers Behauptungen seien „falsch“, so Hammer. Und: „Ich würde es begrüßen, wenn sich die ÖVP wieder mit ernsthaften Vorschlägen an der Arbeit zum Schutz unserer Lebensgrundlagen beteiligen würde, statt mit verbalen Angriffen auf die Klimaministerin politisches Kleingeld zu wechseln.“ Hammer: „Der Verbrennungsmotor wird bei Pkw allerdings so oder so mittelfristig keine Rolle mehr spielen.“

Entspannung im Klimastreit zeichnet sich nicht ab: Abgesehen von vielen offenen Vorhaben sollen noch vor dem Sommer erste Vorschläge für einen nächstes Jahr einzureichenden Nationalen Klima- und Energieplan vorgelegt werden, um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen.

(kk, "Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2023)

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