Analyse

Die Türkei rückt vom Westen ab

Die Wahl sei ein historischer Wendepunkt wie die Eroberung von Konstantinopel, sagte Erdoğan in der Wahlnacht vor Anhängern beim Präsidentenpalast von Ankara.
Die Wahl sei ein historischer Wendepunkt wie die Eroberung von Konstantinopel, sagte Erdoğan in der Wahlnacht vor Anhängern beim Präsidentenpalast von Ankara.(c) Reuters
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Mit dem Wahlsieg von Präsident Erdoğan beginnt ein neues Kapitel im Verhältnis der Türkei zum Westen. Europa hat dabei so gut wie keinen Einfluss mehr.

Ankara. Wer gehofft haben sollte, dass der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, nach seinem neuen Wahlsieg einen gemäßigteren Kurs einschlagen werde, der hat sich getäuscht. Schon in der Wahlnacht signalisierte er mehr – nicht weniger – Härte gegen seine politischen Gegner. Der Westen hat so gut wie keinen Einfluss mehr auf ihn.

Erdoğan fühlt sich in seiner bisherigen Politik bestätigt. Trotz der Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und einem Wertverlust der Lira von 75 Prozent seit der Wahl vor fünf Jahren hält eine Mehrheit der Türken zu ihm. Damit hat Erdoğan einen politischen Grundsatz außer Kraft gesetzt, der bisher als Leitlinie für jedes politische System galt: „It's the economy, stupid“ – auf die Wirtschaft kommt es an. In der Türkei kam es eben nicht auf die Wirtschaft an. Erdoğan gewann die Wahl mit einer Mischung aus lauteren Mitteln wie seinem Gespür für die Stimmung der Wähler und unlauteren Methoden wie seiner Kontrolle über Justiz, Verwaltung und Medien.

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