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Geschlagen und gequält: Junge Frau zeigt Eltern an

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Archivbild.APA/TOBIAS STEINMAURER
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Seit ihrer Kindheit sei sie von ihren Eltern misshandelt worden, gab eine 23-Jährige gegenüber der Polizei an. Die Eltern bestreiten dies, sie sind in Untersuchungshaft.

Wien. Eine 23-jährige Frau hat am Pfingstwochenende ihre Eltern angezeigt, die sie jahrelang misshandelt haben sollen. Auf einer Polizeistation in Wien Döbling erzählte die junge Frau von dem jahrelangen Martyrium, das sie durch ihre Eltern erleben musste. So sei sie nicht nur jahrelang physischer Gewalt ausgesetzt gewesen, sondern soll auch von ihren Eltern tagelang in der Wohnung eingesperrt worden sein.

Die junge Frau dürfte schon seit ihrer Kindheit unter dem strengen Regime ihrer Eltern gelitten und Gewalt erfahren haben. Wie der Sprecher der Wiener Polizei, Philipp Haßlinger, auf Anfrage der Austria Presse Agentur mitteilte, soll die heute 23-Jährige seit rund zehn Jahren auch regelmäßig geschlagen und gequält worden sein.

Das Landesgericht für Strafsachen hat am Montagabend U-Haft über die Eltern verhängt. Das teilte Gerichtssprecher Christoph Zonsics-Kral mit. Als Haftgründe wurden laut Zonsics-Kral Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr angenommen.

Polizei: Eltern aus Afghanistan

Der Vater soll seiner Tochter als Bestrafung Ohrringe vom Ohrläppchen gerissen oder die junge Frau mit einem Gürtel gezüchtigt haben, wenn sie nicht seinen Vorgaben und Wertvorstellungen entsprach.

Sie soll auch für mehrere Tage in die Wohnung gesperrt und ihrer Freiheit beraubt worden sein. „Es ist nicht auszuschließen, dass religiöse und ideologische Hintergründe eine Rolle gespielt haben“, sagt Polizeisprecher Haßlinger.

Die Eltern sind laut Polizei formal staatenlos, sollen aber ursprünglich aus Afghanistan stammen und dürften Medienberichten zufolge seit mehreren Jahren in Wien leben. Laut ORF.at hat die junge Frau auch Geschwister – die allerdings nicht im selben Haushalt gelebt haben sollen. Die junge Frau lebte bis zuletzt mit den Eltern in einer gemeinsamen Wohnung in Döbling.

Neben der physischen Gewalt soll die junge Frau immer wieder auch verbale Demütigungen durch ihre Eltern mitgemacht haben. Darüber hinaus wirft sie den beiden auch vor, sie habe unter Androhung von Gewalt für sie Kredite bei einer Bank aufnehmen müssen.

Nach der Anzeige der 23-Jährigen wurden deren Eltern auf Anordnung der Staatsanwaltschaft am Pfingstwochenende wegen des Vorwurfs fortgesetzter Gewaltausübung von der Polizei festgenommen. Beide – der Vater ist 53 Jahre alt, seine Frau ein Jahr jünger – wurden von der Kripo einvernommen und „zeigten sich zu den Tatvorwürfen nicht geständig“, so Polizeisprecher Haßlinger gegenüber der „Presse“.

Opfer im Frauenhaus

Die Eltern wurden in die Justizanstalt Josefstadt gebracht. Ermittelt wird gegen sie neben fortgesetzter Gewaltausübung und Freiheitsentziehung auch in Richtung schwere Erpressung und schwerer Nötigung, wie es seitens der Polizei heißt. Das Landeskriminalamt, Außenstelle West, führt nun die weiteren Ermittlungen.

Die 23-Jährige selbst ist mittlerweile in einem Frauenhaus untergekommen. Ob über ihre Eltern die Untersuchungshaft verhängt wird, war am Pfingstmontag zunächst noch unklar.

Hilfe bei Gewalt

Der Notruf 133 der Polizei ist rund um die Uhr erreichbar. Ebenso ständig besetzt sind die Frauenhelpline (0800-222555) sowie die

Wiener Interventionsstelle/Gewaltschutzzentrum (0800-700217), der

Opfer-Notruf (0800-112112) und der Notruf des Vereins der Wiener

Frauenhäuser (057722).

(APA/mpm, "Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2023)

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