Selbstanzeige: „Klar, mein Fehler, tut mir leid“

Der frühere Finanzminister zeigt sich am Tag nach Bekanntwerden der Steuerhinterziehung reuig. Für Rechtsexperten ist die Sache „ziemlich peinlich“.

Wien/Stef. Bereits im Oktober 2010 erstattete Karl-Heinz Grasser beim zuständigen Finanzamt in Wien Selbstanzeige wegen nicht abgelieferter Steuern. An die Öffentlichkeit gelangte die Angelegenheit aber erst diese Woche – „Die Presse“ berichtete. Drei Monate lang betonte Grasser stets, immer alles richtig gemacht zu haben. Er sei sich keiner Schuld bewusst. Nun, am Tag nachdem die Selbstanzeige bekannt wurde, zeigt der frühere Finanzminister erstmals Reue.

„Es war klar mein Fehler. Das darf einem ehemaligen Finanzminister nicht passieren“, sagte Grasser im ORF-Radio. Er hat von 2002 bis 2008 Einkünfte aus einem kanadischen Depot für Wertpapiere nicht versteuert, von 2000 bis 2007 war Grasser Finanzminister. Die Steuern hätte er in Österreich abliefern müssen. Für die Steuerpflicht ist nicht der Ort des Depots entscheidend, sondern der Wohnsitz des Inhabers. „Tut mir leid“, sagt Grasser. Der Fehler sei korrigiert und „wiedergutgemacht“.

Unklar bleibt indes, welchen Geldbetrag Grasser exakt nachbezahlt hat. Er selbst spricht von „rund 20.000“ Euro. „Presse“-Informationen aus dem Finanzministerium zufolge dürfte aber nur ein einstelliger Tausenderbetrag eingegangen sein. Möglicherweise handelt es sich bei den „rund 20.000“ Euro um die Erträge aus dem Depot und nicht um die im Nachhinein entrichtete Steuer. Grasser selbst war für eine Klarstellung nicht zu erreichen. Sein Anwalt, Manfred Ainedter, sei auf Urlaub, heißt es aus der Kanzlei.

Kritik auch aus der ÖVP

Die Reaktionen auf die Selbstanzeige fielen auch am Freitag durchwegs heftig aus. Die grüne Abgeordnete Gabriela Moser wiederholte ihre Forderung nach einem U-Ausschuss zur Causa Grasser. Dieser war bislang stets von der ÖVP blockiert worden, verhalf die Volkspartei unter Wolfgang Schüssel doch Grasser zum Amt des Finanzministers.

Allerdings schoss nun auch ÖVP-Finanzstaatssekretär Günter Stummvoll erstmals scharf in Richtung Grasser. Der Exminister hätte „sich an alle Gesetze halten sollen“. Die Optik sei „verheerend, das ist keine Frage“. Anders drückte es Finanzrechtler Werner Doralt aus: „Ziemlich peinlich, das Ganze. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf all das, was man in jüngster Zeit erfahren hat.“

Damit meint der Rechtsexperte das komplexe Konstrukt der Grasser-Stiftungen in Liechtenstein. Zumindest drei Mio. Euro soll er in Vaduz geparkt haben – um Steuern zu sparen, vermutet die Justiz. Grasser bestreitet die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung. Licht ins Dunkel könnte in dieser Sache möglicherweise kommen, sobald die Behörden Grassers Geldflüsse nach und aus Liechtenstein durchstöbert haben. Dem Vernehmen nach soll es sich um eine zwölf Kilo schwere Box handeln, in der die angeforderten Kontoauszüge aufbewahrt sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2011)

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