Erdoğan-Wiederwahl

Österreichs Wahlbeobachterinnen über Türkei: "Diese Wahlen waren nicht frei"

Erdoğan-Anhänger feiern in den Straßen Istanbuls ihren neuen alten Präsidenten. Der Einfluss seiner AKP und der rechtsextremen MHP in Österreich sei ein Problem, so die außenpolitische Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic.
Erdoğan-Anhänger feiern in den Straßen Istanbuls ihren neuen alten Präsidenten. Der Einfluss seiner AKP und der rechtsextremen MHP in Österreich sei ein Problem, so die außenpolitische Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic.APA/AFP/OZAN KOSE
  • Drucken

Die beiden anwesenden Grün-Politikerinnen, Ewa Ernst-Dziedzic und Heidi Sequenz, berichteten über Verhaftungen von Oppositionellen und starker Polarisierung. Dass Van der Bellen Wahlsieger Erdoğan ohne jegliche kritische Bemerkung gratuliert hat, sei „ärgerlich".

Wahlbeobachterinnen der österreichischen Grünen haben die Wahlen in der Türkei als "nicht frei" bezeichnet. "Diese Wahlen waren nicht frei", sagte die außenpolitische Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic bei einer Podiumsdiskussion am Dienstagabend in Wien. Ernst-Dziedzic war gemeinsam mit der Wiener Grün-Politikerin Heidemarie Sequenz als Wahlbeobachterin bei der Präsidenten- und Parlamentswahl tätig gewesen.

Was Erdoğan hat, was seine Gegner nicht haben
Etwas mehr als die Hälfte der Wähler in der Türkei hat sich für den alten neuen Präsidenten entschieden. Als fair kann die Wahl nicht bezeichnet werden - Erdoğan hat entscheidende Vorteile. Der Leitartikel von Duygu Özkan. 

Bewaffnete Polizei hatte die beiden Beobachterinnen vom Betreten von Wahllokalen in Ostanatolien abgehalten. Die beiden Grün-Politikerinnen berichteten über Verhaftungen von Oppositionellen über das Wahlwochenende und starker Polarisierung: "Wir wurden bei einer Wahlparty der (Regierungspartei, Anm.) AKP als ausländische Agenten beschimpft." Bei der pro-kurdischen Linkspartei HDP sei wiederum viel "Hoffnung zerschlagen worden", so Ernst-Dziedzic. Der Präsidentschaftskandidat der Opposition, Kemal Kılıçdaroğlu, hatte sich im zweiten Wahlgang gegen syrische Flüchtlinge und Kurden gewandt, um nationalistische Wähler anzusprechen.

Härtere Gangart gegen rechtsextreme MHP-Vereine

Ernst-Dziedzic kritisierte in diesem Zusammenhang auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dieser hatte am vergangenen Sonntag als einer der ersten Staatsoberhäupter dem türkischen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan zur Wiederwahl gratuliert. "Natürlich gibt es diplomatische Gepflogenheiten, aber es ist ärgerlich, dass Van der Bellen ohne kritische Bemerkung gratuliert hatte", so die Politikerin über den früheren Grünen-Chef.

Auch der Einfluss von Erdoğans AKP und der rechtsextremen MHP in Österreich sei ein Problem, so die Grüne Außenpolitik-Sprecherin: "Wolfsgrüße haben auf österreichischen Straßen keinen Platz." Türkische Nationalisten hatten bei einer Feier zum Wahlsieg von Staatspräsident Erdoğan am Reumannplatz in Wien den verbotenen Wolfsgruß der MHP gezeigt. MHP-nahe Vereine sollten in Wien stärker beobachtet werden, forderte Sequenz: "In Wien darf es keinen Cent für MHP-Vereine geben." Man müsse stattdessen fortschrittliche türkische Parteien stärken. "Wir haben da in Vergangenheit auch aus falscher Rücksichtnahme die Augen geschlossen", sagte die Wiener Landtagsabgeordnete.

„Signale aus Österreich fehlen"

Kritik an der SPÖ kam von Redar Han vom kurdischen Verein FEYKOM: "Die SPÖ war bei den Türkei-Wahlen nicht präsent. Signale aus Österreich fehlten." Türkische Rechte würden in Wien Wahlkampf für SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig machen, so auch der Vorwurf. "Die SPÖ muss genauer hinschauen. Solche Feiern wie am Reumannplatz sind inakzeptabel", sagte auch der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Robert Laimer.

"Erdoğan wird sich nicht zurückhalten", glaubt Ernst-Dziedzic. Österreich müsse deswegen Wirtschaftsbeziehungen an Kriterien binden und den "türkischen Völkerrechtsbruch in Rojava" verurteilen. Die Türkei bombardiert wiederholt das kurdische Autonomiegebiet in Syrien und hält mithilfe von syrischen Milizen die Region Afrin besetzt. Auch forderte die Nationalratsabgeordnete Unterstützung für politische Häftlinge: "Wer in Österreich auf eine Erste-Mai-Demo geht, kann in der Türkei wegen angeblicher PKK-Nähe verhaftet werden." Die separatistische kurdische Untergrundorganisation "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) wird von der Türkei, aber auch von der Europäischen Union als terroristische Organisation eingestuft.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.