Max-Reinhardt-Seminar

Maria Happel zu Rücktritts-Aufforderung: "Habe erst gedacht, dass da jemand betrunken gewesen ist"

INTERVIEW MIT REINHARDT-SEMINAR-CHEFIN MARIA HAPPEL
INTERVIEW MIT REINHARDT-SEMINAR-CHEFIN MARIA HAPPEL(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Studierende des Max-Reinhardt-Seminars fordern in einem Schreiben den Rücktritt von Institutsleiterin Maria Happel und ihrer Stellvertreterin Annett Matzke. Happel traf der Brief völlig unerwartet.

Am vergangenen Freitag sorgte ein Brief für Aufsehen, in dem angeblich von zwei Drittel der Studierenden des Max-Reinhardt-Seminars der Rücktritt von Institutsleiterin Maria Happel und ihrer Stellvertreterin Annett Matzke gefordert wurde. Am Mittwoch nahm Happel erstmals Stellung zu den Vorwürfen, die vom "Standard" veröffentlicht wurden. In dem Schreiben prangerten die Studenten ein System von "Machtmissbrauch, Nepotismus und Ignoranz" an und fürchten um die Qualität und Relevanz der Ausbildung.

"Das Ganze kam für mich absolut unerwartet“, sagt Happel. Sie sei im Vorfeld nicht von Studierenden kontaktiert worden: "Ich habe im ersten Moment sogar gedacht, dass da jemand betrunken gewesen ist, wurde der Brief doch um 1.28 Uhr abgeschickt.“ Happel steht dem Reinhardt-Seminar seit 2020 vor, leitet außerdem die Festspiele Reichenau und ist Burgtheater-Ensemblemitglied. Für Dienstag geplant war ein erstes Gespräch zwischen mdw-Rektorin Ulrike Sych und den Studierenden.

Happel "Aber das bin doch nicht ich!"

Dass tatsächlich zwei Drittel der Studierenden unterschrieben haben, bezweifelt sie: "Ich weiß, dass von dieser 'großen Mehrheit' nicht alle befragt wurden. Da wurden im Vorfeld manche von der Kommunikation ausgeschlossen“, sagt Happel, relativiert aber: Natürlich müsse man so etwas ernst nehmen und hinterfragen, was passiert sei. "Wenn ich mir die Vorwürfe anschaue, die hier erhoben werden, hätte ich mich auch solidarisch mit den Studierenden erklärt. Und dann sickert es, dass es da um meine eigene Person geht. Man wird über Nacht zu einem Täter gemacht. Aber das bin doch nicht ich! Das kriege ich nicht zusammen.“ Sie findet aber nicht richtig, dass man gleich an die Presse gehe, bevor auch nur irgendein Gespräch stattgefunden habe.

Ein zentraler Vorwurf der Studierenden war, dass Happel nicht adäquat auf MeToo-Vorwürfe am Seminar im Vorjahr reagiert hätte. Das sieht die Institutsleiterin anders: "Wir haben die Causa diskret und vorbildlich gelöst“, sagt sie. "Ich habe mit den Betroffenen im Beisein der Gleichbehandlungsstelle getrennt voneinander Gespräche geführt. Es wurde niemand angeprangert, und die beiden Parteien, um die es ging, sind mit einem für sie zufriedenstellenden Ergebnis nach Hause gegangen.“

Für strukturelle Veränderungen habe man die nötigen Schritte in die Wege geleitet: "So haben wir etwa mit der Gleichbehandlungsstelle Workshops gemacht, und eine unserer Lehrenden ist in den Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen gegangen, damit wir hier kürzere Wege haben. Und ich habe im vergangenen Jahr MentorInnen eingeführt, an die man sich als Vertrauenspersonen wenden kann. Aber natürlich steht auch meine Tür jederzeit offen.“

Vorgeworfen wurde Happel auch, dass der Rollenunterricht abseits des Reinhardt-Seminars in "ungeschützten Räumen" stattfindet. "Wenn die Studierenden mit mir auf der Bühne stehen: Ist das ein ungeschützter oder ein geschützter Raum? Das müsste man klären. Ansonsten hat das aber nicht stattgefunden“, so Happel. Vorauf sich der Vorwurf konkret bezieht, weiß sie nicht.

Nicht mehr am Burgtheater

Dass sie kaum am Haus präsent sei, war ebenfalls ein Kritikpunkt: "Ich war immer viel beschäftigt - das war bekannt. Deshalb hat man mir Annett Matzke zur Seite gestellt, die ausschließlich in der Schule ist und sich dort in enger Absprache mit mir um die Abläufe kümmert“, sagt die Schauspielerin. "Dass ich trotz Homeoffice in Präsenz nicht so oft da sein kann, wie ich möchte, ist Fakt. Das hat mich aber auch zur Entscheidung gebracht, dass das Burgtheater vom Tellerrand gefallen ist. Ich habe im Februar dem Burgtheater mitgeteilt, dass ich in der neuen Saison nicht mehr für Premieren zur Verfügung stehen werde. Ich habe mich also freigeschaufelt für das Reinhardt-Seminar.“

Schwangere angeschrien?

Was von den Studierenden ebenfalls kritisiert wird, ist ein rauer Umgangston. Happel soll eine Hochschwangere angeschrien haben. "Ich bin beim betreffenden Vorfall laut geworden - wohl das einzige Mal in der ganzen Zeit. Ich kam damals ans Seminar, als mit einem Workshop das ganze Haus bespielt wurde. Dabei hat ein Tontechniker gefilmt, der auf Honorarbasis arbeitet. Da müsste ich gefragt werden, was aber nicht der Fall war, was mich sehr aufgeregt hat“, erklärt Happel. "Die zuständige Professorin war an dem Tag nicht da, sondern ihre schwangere, wenn auch nicht 'hochschwangere' Assistentin. Ich habe sie dann in mein Büro gebeten. Ich habe auch in der Sekunde klargemacht, dass das jetzt raus muss, auch wenn ich weiß, dass sie nicht direkt verantwortlich ist. Wir hatten im Nachhinein aber auch einen freundschaftlichen Mailverkehr.“

Ob es stimme, dass Matzke Studierende zum Weinen bringe? "Wären wir eine Firma, was würden wir produzieren? Gefühle. Das ist gleichsam unsere Ware, mit der wir handeln“, sagt die Reinhardt-Chefin. "Ich glaube, dass man einen Teil der Menschen in Ausbildungsstätten wie der unseren nicht immer gut behandeln kann. Wir arbeiten mit Grenzen, die auch überschritten werden. Ich rechtfertige damit aber keinen bösen Umgangston! Das respektiere ich nicht! Aber es kann sicher vorkommen, dass sich jemand ungerecht behandelt fühlt."

"Vielleicht ist das Ganze auch eine Chance“

Dass das Vertrauen, wie im Brief steht, "unwiederbringlich zerrüttet" sei, glaubt sie nicht. "Vielleicht ist das Ganze auch eine Chance“, sagt Happel. "Ich will ja auch, dass sich etwas bewegt. Dass ich das nicht alleine kann, ist klar. Dass es die Studierenden nicht alleine können, ist auch klar. Ich würde mir einen Zeitrahmen wünschen, in dem wir mithilfe einer ausgebildeten Person von außen versuchen, die Strukturen und das, was im Argen liegt, in Bewegung zu bringen.

Den Konflikt sieht sie auch als Generationenkonflikt: "Aber Frauen müssen sich nicht mehr von Regisseuren oder Regisseurinnen quälen lassen - das ist vorbei. Und dazu habe ich meinen Teil beigetragen. Ich möchte die Entwicklung des Theaters aber auch nicht verpassen. Die Studierenden sollen mich mitnehmen, anstatt mich rauszuschubsen.“ Sie möchte nicht, "dass man immer noch sagt, dass Frauen nicht drei Jobs haben dürfen! Wo ist mein Schutzraum? Gilt der nur für Menschen, die ab dem Jahr 2000 geboren sind? Ich möchte auch einen haben, und der wurde nicht gewährleistet. Aber ich bin bereit, offen und kann mir nur wünschen, dass wir diese Situation gemeinsam bewältigen.“

(APA)

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