Kurzfilm-Festival

Vienna Shorts: Mit 180 durch Kiew – und mit KI an Grenzen der Filmkunst

Auch Musikvideos laufen beim Vienna Shorts: Etwa Rupert Höllers Clip zu "Eyes Alive" von HVOB.
Auch Musikvideos laufen beim Vienna Shorts: Etwa Rupert Höllers Clip zu "Eyes Alive" von HVOB.(c) Eyes Alive — HVOB (Rupert Höller)
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Vienna Shorts begeht heuer seine 20-Jahr-Feier. Dabei bleibt es doch jung, politisch und ästhetisch vielfältig.

Ein Auto rast durch die Morgendämmerung, durch Straßenschluchten und über Brücken, vorbei an Laternen und Krankenwagen. Pfeilschnell und wendig laviert es durch den spärlichen Verkehr. Die Kamera blickt geradeaus, wir sitzen mit ihr im Cockpit. Die Weitwinkelaufnahmen verstärken noch den Eindruck ungehinderter Beschleunigung.

Kurzfilm-Enthusiasten denken bei dieser Beschreibung gleich an Claude Lelouchs „C'était un rendez-vous“ (1976). Doch die Rede ist von einer Hommage an den Klassiker: Nadia Parfan drehte ihren Film „It's a Date“ nicht im romantischen Paris, sondern im kriegsbedrohten Kiew der Gegenwart. Und die Menschen, die sich hier nach knapp sechs rasanten Minuten in die Arme fallen – einer davon am Steuer, der andere sehnsüchtig wartend – sind nicht „un homme et une femme“, sondern zwei Soldatinnen.

Stilistische Vielfalt

Eine filmische Geste, emblematisch für das Festival Vienna Shorts (vormals VIS). Das Festival eröffnet am heutigen Donnerstag mit einem Screening im Wiener Gartenbaukino. Es ist verwurzelt in Tradition, zugleich aber sensibel für die großen politischen Fragen des Hier und Jetzt. „It's a Date“ ist nur einer von rund 340 Filmen, die das Vienna Shorts bis 6. Juni an verschiedenen Wiener Spielstätten (und bis 30. Juni auch auf seinem Onlineportal) präsentiert – ein angemessen üppiges Programm zum 20-Jahr-Jubiläum des Events. Das jung bleiben sollte: Der Kurzfilm gilt als das Übungsgelände der Filmkunst und bleibt somit ein Experimentierfeld für den Leinwand-Nachwuchs.

Entsprechend vielfältig ist hier die Stilpalette: Sie reicht von dokumentarischem Ernst bis hin zur quirligen Animation. Verteilt auf Themensektionen gibt es viel zu entdecken, auch aus Österreich. Etwa Julia Reiters Außenseiter-Studie „Applaus“, deren zärtlich-sezierender Blick auf einen gefallsüchtigen Jugendlichen von einem Langspielfilm-Talent in spe kündet. Oder „Ballet anémic“ vom Avantgarde-Veteranen Siegfried A. Fruhauf – das mechanische Treiben von Küchengeräten gerät darin dank gefinkelter Bildmontage zur hypnotischen Augenweide. Ein Tribute gilt heuer dem afroamerikanischen Polit-Filmer Kevin Jerome Everson, ein anderes der heimischen Künstlerin Christiana Perschon – und ein spannendes Special dem (filmischen) Potenzial von künstlicher Intelligenz.

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