Hoteltrends

Rendite durch Upcycling

JP Immobilien
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Österreichische Investoren entdecken bedrohte (Ferien-)Herbergen und luxuriöses Long-Stay-Wohnen im Hotel in Wien.

Das Hotel Milano stammt aus den 1960er-Jahren und befindet sich im Herzen der italienischen Gemeinde Madonna di Campiglio: 44 Zimmer auf 2900 Quadratmetern und dank seines Baujahres mittlerweile „Vintage“. Die Lage ist 1A: mitten in der Fußgängerzone und in unmittelbarer Nähe zur berühmten Weltcup-Rennstrecke. Doch das reicht nicht mehr aus, um geschäftsbringend zu arbeiten. Was vor Corona noch funktionierte, tut es durch Teuerung und geändertem Reiseverhalten nicht mehr. Und so wie dem Milano ergeht es derzeit europaweit vielen Hotels, die in die Jahre gekommen sind. Auch an angesagten Destinationen können sich Betreiber notwendige Investitionen nicht mehr leisten und rutschen in rote Zahlen.

Standort als Investment

»"Auf das eingesetzte Eigenkapital können für unsere Investoren zweistellige Renditen erzielt werden."«

Lukas Euler-Rolle

Das ruft unterschiedliche Rettungs- und Verwertungskonzepte auf den Plan. Die Wiener Investorengruppe JPI Hospitality etwa erwarb das Milano und verpachtete es mit mit neuen Zimmern sowie einer Rooftop-Bar inklusive Pistenblick. Die Rettung krisengebeutelter Ferienherbergen liegt dank des „Angebots“ im Trend. Auch in Bad Gastein wurde ein ehemaliges Kurhotel zum Retro-Chic-Hotel „The Comodo“ – hier erwarb die Architektin Barbara Elwardt das 1960er-Gebäude und positionierte es völlig neu. Meist sind es aber Investorengruppen, an denen sich im Falle von JP auch gern Private beteiligen.

Österreichischer Hotelmarkt

Lukas Euler-Rolle, Managing Partner von JPI Hospitality, erklärt das Geschäftsmodell so: „Nach Abschluss eines langfristigen Pachtvertrages mit einem renommierten wie bonitätsstarken Betreiber erfolgt auf Basis der Gesamtinvestitionskosten eine Refinanzierung des Eigenkapitals mit einer lokalen Bank.“ Die vereinbarte Pacht erwirtschaftet eine jährliche Rendite zwischen sieben und neun Prozent. „Auf das eingesetzte Eigenkapital können für unsere Investoren zweistellige Renditen erzielt werden“, führt Euler-Rolle weiter aus.Laut Statista sind in Österreich derzeit rund 5600 Hotels in Betrieb, Tirol liegt mit rund 2400 Betrieben deutlich an der Spitze, dahinter rangiert Salzburg mit rund 850 Betrieben. Neben ihrer Bedeutung für den Tourismus sind Hotels auch ein relevanter Faktor im Markt für Gewerbeimmobilien. In diesem Sektor wirkte sich die Pandemie 2020 mit einem eklatanten Einbruch beim Transaktionsvolumen von etwa 1,3 Milliarden auf 280 Millionen Euro aus, das Jahr 2021 brachte einen Anstieg auf 400 Millionen Euro. In Wien nähert sich das Nächtigungsvolumen langsam dem Rekord von 2019 an. 2022 vergrößerten rund 1400 neue Hotelzimmer das gesamte Beherbergungsangebot. Heuer werden noch rund zehn Hoteleröffnungen erwartet.

Die Gruppe erwarb bisher bereits 17 Hotels mit 4200 Betten in europäischen Städten und Regionen: vom Hotel Rotterdam über das Henri Country House in Kitzbühel (ab Dezember) bis zum Wiener 25hours beim Museumsquartier. Heuer kommen noch ein bis zwei hinzu – in Griechenland und Spanien. Bis 2025 sollen weitere 500 Millionen Euro in den Ankauf und die Renovierung von Unterkünften in Not investiert werden – ein wachsender Markt, an dem sich auch investmentinteressierte Private zunehmend beteiligen.

Wachsender Markt: Long-Stay

Ein wachsendes Segment im Hotelimmobilienbereich sind auch sogenannte Residential Homes – immer mehr Betuchte wohnen für längere Zeit im Hotel. Große Ketten wie Hilton, Marriott und Park Hyatt haben auf den Trend reagiert und bieten rund um den Globus an. Entweder zur Miete oder im Eigentum als Zweitwohnsitz. Auch in Wien ist der Trend stark zu spüren und treibt die Preise nach oben. So zählt etwa die Beletage des Alamanac am Wiener Parkring mit rund 1100 Quadratmetern Wohnfläche, acht Schlafzimmern, ebenso vielen Bädern sowie Balkonen und Terrassen mit einem Preis von 32,5 Millionen Euro zu den teuersten Apartments der Stadt.

»"Und manche Eigentümer nutzen die Möglichkeit, ihr Apartment über das Hotel weiterzuvermieten."«

Florian Wille

Auch das Palais Hansen Kempinski Vienna beheimatet im Obergeschoß 17 Eigentums-Residenzen. Sie punkten mit 130 bis 340 Quadratmetern Wohnfläche inklusive Garagenplätzen und Dachterrassen. Was zieht Wohlhabende, die sich Villen auf der ganzen Welt leisten können, in Hotels? Generaldirektor Florian Wille: „Rentabilität steht nicht im Vordergrund, vielmehr Service. Die Dauergäste müssen sich um nichts kümmern, können sich ganz auf sich selbst und ihre Tätigkeit konzentrieren.“ Voraussetzung dafür ist allerdings eine Ausstattung wie zu Hause und ein 5-Stern-Plus-Service: Küche, Wohn- und Schlafzimmer, Spa, Fitnesscenter, (Hauben-)Restaurant sowie Concierge-, Butler-, Housekeeping- und Wäsche-Service.

Stefan Gergely

Auch unverzichtbar: Noble Adresse, 24/7 verfügbar und in sicherer Umgebung. Suiten zum Dauerwohnen haben meist einen eigenen Eingang, separaten Lift, Videoüberwachung und Security-Systeme. Gefragt sind die Unterkünfte vor allem von Diplomaten und Expats, einige logieren sogar für mehrere Jahre hier. Wille: „Aktuell haben wir auch einen Gast, der sich aufgrund großflächiger Bauarbeiten an seiner Wohnadresse bei uns einquartiert hat. Und manche Eigentümer nutzen die Möglichkeit, ihr Apartment über das Hotel weiterzuvermieten.“

Wien rüstet für die Dauergäste jedenfalls auf: Das Sans Souci am Spittelberg bietet zwölf Wohneinheiten im Privateigentum – das Penthouse mit 340 Quadratmetern wurde angeblich um fast fünf Millionen Euro verkauft. Dazu kommen zwei Long-Stay-Apartments mit 65 und 80 Quadratmetern. Laut Direktorin Vesna Prokic werden Service wie Preise angepasst: „Sie richten sich nach der Aufenthaltsdauer, meist zwischen drei und zwölf Monaten, und den benötigten Annehmlichkeiten. Etwa ob das Frühstück im Hotel eingenommen und der Spa-Bereich mitgenutzt werden soll.“ Im neuen Mandarin Oriental im ehemaligen Gerichtsgebäude in der Riemergasse ziehen 2025 ebenfalls 17 Suiten für Langzeitgäste ein.

>> Mehr „Presse"-Artikel: „Hotelmarkt: Der Dornröschenschlaf ist vorbei“ 

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