Fake-Brief

FPÖ klagt „Tagespresse“: „Wäre unser teuerster Witz jemals“

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Dass Prominente die FPÖ auffordern, die Klage gegen das Satireportal zurückzuziehen, nennt die Partei eine „scheinheilige Aktion der linken Empörungsfanatiker". Für die „Tagespresse" geht es um bis zu 70.000 Euro.

Wo liegen die Grenzen von Satire? Diese Frage wird demnächst wohl wieder einmal von einem Gericht behandelt werden. Und könnte für die „Tagespresse“, falls gegen sie entschieden würde, sehr teuer werden: Rund 70.000 Euro würde man im schlimmsten Fall zahlen müssen, rechnet Fritz Jergitsch, der Gründer der Satireplattform, vor. Das wäre „der teuerste Witz in unserer Geschichte“, sagt er gegenüber der „Presse“.

Der Witz wurde in diesem Fall nicht, wie sonst bei der „Tagespresse“ üblich, in Form einer Meldung in die sozialen Medien geschickt, sondern per Post an rund 500 Gastwirte in Niederösterreich. So lasen diese im April verschiedene Tipps, wie sie am besten zur angekündigten Wirthausprämie der blau-schwarzen Regierung kommen könnten: mit einer „Panierquote“ etwa und der Umbenennung von medium-rare Steaks in „mittelrohe Fleischschnitten“. Als Absender war die freiheitliche Landesgeschäftsstelle in St. Pölten angegeben.

Die FPÖ Niederösterreich fand das offenbar gar nicht lustig und reichte Klage ein. Auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, Gesamtwert 47.500 Euro. Es ist die erste Klage gegen "Die Tagespresse“, seitdem sie besteht, also seit zehn Jahren. Es folgte Kritik von prominenter Seite: 180 Personen aus Literatur, Musik, Film und Kabarett fordern die FPÖ mit einer Unterschriftenliste auf, die Klage zurückzuziehen. Sie wird als Einschüchterungsklage gegenüber der Branche gesehen. Zu den Unterstützern gehören etwa Josef Hader, Ursula Strauss, Michael Niavarani, Jan Böhmermann, Marlene Streeruwitz, Herbert Föttinger, Marie Kreutzer und Nicholas Ofczarek.

Die FPÖ reagierte darauf erneut heftig. Und bezeichnete den Unterstützerbrief für das Satireportal als "scheinheilige Aktion der linken Empörungsfanatiker". Wer austeile, Wirte und Gastronomen verunglimpfe und noch dazu falsche Briefe ausschicke, "muss auch die Konsequenzen tragen", sagte ein Parteisprecher. "Das ist weit weg von Satire.“ Die FPÖ spricht von Urkundenfälschung, Täuschung und verbotene Namensanmaßung. Wobei "Tagespresse"-Gründer Fritz Jergitsch darauf hinweist, dass die FPÖ mit der Unterstellung von Urkundenfälschung "gezielt Fake News streut“. Man habe überlegt, deshalb zu klagen - aber so weinerlich sei man nicht, sagte Jergitsch gegenüber der "Presse“.

Satiriker sollen eingeschüchtert werden

In der von Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren und Rabenhof-Direktor Thomas Gratzer ins Leben gerufenen Unterstützungsinitiative wird darauf hingewiesen, dass "alle Merkmale einer SLAPP-Klage" - also Einschüchterungsklage - vorlägen. "Egal, wie das Gericht entscheidet: Die Tatsache, dass diese Klage überhaupt eingebracht wurde, obwohl niemand materiellen oder körperlichen Schaden erlitt und die 'Tagespresse' die Täuschung umgehend aufklärte, lässt Rückschlüsse auf das Motiv der FPÖ zu. Durch das Abfeuern sämtlicher juristischer Geschütze aus allen Rohren sollen kritische Medien, Satire, Kunst und Kultur eingeschüchtert werden", heißt es in dem Statement.

(rovi)

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