Gebäude

Smarter Durchblick mit intelligentem Glas

(c) Kramar [Kollektiv Fischka]
  • Drucken

Wie „mitdenkendes" Material mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllt und die Energieeffizienz von (Büro-)Gebäuden verbessert. Und unter Denkmalschutz stehenden Objekten mehr Klimafitness verleihen kann.

„Glas ist einer der spannendsten Baustoffe, die es gibt“, sagt Jakob Dunkl vom Architekturbüro Querkraft. Etwa aufgrund der Lichtdurchlässigkeit des Materials. „Tageslicht und der Bezug zu Außenwelt und Natur sind für Menschen enorm wichtig, vor allem dann, wenn man stundenlang am Schreibtisch sitzt oder an einer Maschine steht“, betont der Architekt, der sich als „Verfechter von Gewerbebauten mit hohem Glasanteil“ bezeichnet. Möglichkeiten dafür gibt es genug: Neben verglasten Fassaden bringen auch Tore oder Raumteiler aus faltbarem Glas Licht ins Innere. „Mit diesen Lösungen kann man Büros flexibler aufteilen“, weiß Thomas Mair von Solarlux Austria.

Intelligente Kühlung

Sorgen um die Energieeffizienz brauchen sich Bauherren und Entwickler beim großzügigen Einsatz von Glas nicht machen – smarte Gläser ermöglichen Temperaturausgleich und Wärmeaustausch. Intelligente Lösungen funktionieren nicht nur thermisch orientiert, von beheizbaren bis zu elektrochromen Sonnenschutzgläsern, „sondern auch ästhetisch, von schaltbaren flüssigkristallinen Gläsern bis zu ganzen Medienfassaden“, heißt es dazu beim Glashersteller Saint-Gobain.

»"Bei einem Glasdach ist die Luxausbeute dreimal so hoch wie bei einer Glasfassade."«

Jakob Dunkl

Elektrochrome Gläser (ECG) etwa stellen eine Alternative zu herkömmlichen Außenverschattungssystemen dar. Wird das Glas geringfügig unter Spannung gesetzt – manuell oder automatisch –, sorgt diese Spannung dafür, dass elektrische Ladungen an eine mikroskopisch dünne Oxidbeschichtung abgegeben werden, die zu Verdunkelung bzw. Verfärbung führen. Wird die Spannung entfernt, färbt sich das Glas wieder in seiner ursprünglichen Tönung. Thermochrome Gläser hingegen ändern ihre Färbung abhängig von Sonneneinstrahlung und Wärme: Bei steigenden Temperaturen oder Lichteinfall wird es dunkler, nehmen diese ab, nimmt es seine ursprüngliche Tönung an.

Intelligentes Glas verbessert somit deutlich die Energieeffizienz, wie eine aktuelle Studie der Hochschule Luzern zeigt. Demnach lässt sich der Klimakältebedarf durch Fassaden mit elektrochromem Glas deutlich reduzieren. Davon könnten besonders Gebäude in warmen oder heißen Klimaregionen profitieren. Ergebnisse der Studie deuten zudem an, dass der Einsatz von ECG „in der warmen Jahreszeit zu einer Reduzierung des Energiebedarfs im Vergleich zu einer konventionellen Verglasung mit einem zusätzlichen Sonnenschutz führen könnte“.

Die Gläser dienen also nicht nur der Nachhaltigkeit, sie erhöhen auch den visuellen und thermischen Komfort für Nutzer der Gebäude. Flüssigkristall- bzw. LiquidCrystal-(LC)-Glas wiederum eignet sich eher als Sichtschutz. „Die Lichtdurchlässigkeit bleibt bei der Umstellung von schaltbarem Glas nahezu gleich und bietet damit eine Rückprojektionsfläche für Präsentation, Bilder oder Filme“, heißt es dazu bei Saint-Gobain.

Innovatives Vakuumglas

Einsatzbereiche gibt es für smartes Glas ausreichend: von einzelnen Fenstern und Fensterfronten über ganze Fassaden bis hin zu Dächern oder Böden. Die Verwendung von Glas auf dem Dach hat übrigens für Dunkl ganz besonders Sinn: „Bei einem Glasdach ist die Luxausbeute dreimal so hoch wie bei einer Glasfassade“, weiß der Architekt. Modernes Glas könne aber noch viel mehr: Mit Solarglas bestückt, werden Gebäude zu Kraftwerken. Dunkl weist auf eine weitere Innovation im Glasbereich hin, das Vakuumglas. „Dieses hat nur zwei Schichten und ist im Vergleich zu den herkömmlichen dreifachverglasten Scheiben um einiges dünner“, erzählt er. Ein weiterer Vorteil sei, dass die beiden Scheiben am Rand verschmolzen und damit noch einfacher zu recyceln seien. „Ich bin überzeugt davon, dass Glas in ein paar Jahren noch weit mehr können wird als heute“, sagt Dunkl.

Lexikon

Schaltbares bzw. smartes Glas kann seine Transparenz anpassen und dadurch Jalousien oder Klimaanlagen ersparen. Bei elektrochromen Gläsern (ECG) werden durch minimale elektrische Ladungen mikroskopisch dünne Oxidbeschichtungen abgegeben, die zu Verdunkelung führen. Thermochrome Gläser ändern ihre Färbung abhängig von Sonneneinstrahlung und Wärme. Bei steigenden Temperaturen oder mehr Licht wird es dunkler.


Daran wird jedenfalls eifrig gearbeitet: Das Unternehmen Saint-Gobain etwa hat mit iWin ein Glas mit RFID-Transponder entwickelt. Die RFID-Chips sind unsichtbar in die Verglasung integriert und können über Scanner ausgelesen werden. Die bereitgestellten Daten können das Gesamtgebäude im Sinn eines digitalen Zwillings abbilden und liefern detaillierte Informationen über die eingebaute Verglasung.

Dies ist zum einen während der Bauphase von Interesse, da sich das jeweilige Element anhand von Basisdaten wie den spezifisch-technischen Werten, Herstellungsdatum und -ort bis hin zu den Versanddaten des Bauelements wie ein Paket tracken lassen kann. Darüber hinaus lassen sich die Daten zudem mit dem BIM-Modell des Planers koppeln, was unter anderem die Qualitätssicherung in der Ausführung maßgeblich unterstützt. Nicht zuletzt sind die Daten während der Betriebsphase hilfreich: Ist etwa ein Element beschädigt, lassen sich sofort die relevanten Daten auslesen.

>>Mehr Infos: Studie der Hochschule Luzern über elektrochromes Glas

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.