Morgenglosse

Rinks oder lechts - wohin neigt sich Lueger jetzt?

Modell des Siegerentwurfs zur "Kontextualisierung" des Karl Lueger Denkmals am Stubentor. Von Klemens Wihlidal.
Modell des Siegerentwurfs zur "Kontextualisierung" des Karl Lueger Denkmals am Stubentor. Von Klemens Wihlidal. APA/Georg Hochmuth
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Uneins ist man in Wien, ob sich das Lueger-Denkmal in Zukunft nach links oder rechts neigen wird. Und auch, ob dann nicht die Che-Guevara-Büste oder der Karl-Marx-Hof ähnlich behandelt gehörten.

Es ist tatsächlich verwirrend: Neigt das Lueger-Denkmal sich jetzt in Zukunft nach links oder nach rechts? Hängt, möchte man jetzt gerne feige sagen, von der Perspektive des Betrachters ab. Sieht man dem wegen seines frühen populistischen Antisemitismus monumental angegriffenen Wiener Alt-Bürgermeister ins Auge, dann kippt es nach rechts. Nähert man sich von hinten, was eigentlich nicht geht, weil da die große Platane steht, würde es sich nach dem nun gekürten Sieger-Entwurf des (mittlerweile Pop-Musikers, weniger Künstlers) Klemens Wihlidal um 3,5 Grad nach links neigen. Sieht man es aus Sicht der Kunsthistorikerin aber, dann ist es völlig klar – dann sieht man nämlich mit den Augen des Dargestellten selbst. Und das heißt: Lueger kippt nach links um. Wäre künstlerisch auch eindeutig überlegter, also gemeiner gedacht, wenn man den von Hitler so bewunderten Populisten ins ideologisch Linke schwanken lässt.

Apropos Links. Sofort nach Bekanntgabe der städtisch jetzt endlich permanent umgesetzten Lueger-Intervention - statt der laufenden Beschmierungen - erhoben sich die ersten empörten Leser-Stimmen: Warum nur bei Lueger „kontextualisieren“ und „intervenieren", der habe ja gar niemanden „direkt“ umgebracht, der sei ja lange vor der NS-Zeit gestorben (1910). Was sei denn dann mit all den Büsten und Denkmälern in Wien zur Verherrlichung fragwürdiger kommunistischer Gestalten wie Che Guevara oder Karl Marx.

Zu bedenken sei dabei: Es wäre schlicht zu teuer wahrscheinlich, den gesamten Karl-Marx-Hof um 3,5 Grad zu kippen. Wobei sich dann wieder die Frage stellen würde - nach links oder nach rechts und von wo aus gesehen? Und was, wenn man, mit Ernst Jandl, lechts und rinks auch noch velwechsert? Vielleicht also besser nach vorne oder nach hinten in dem Fall?

Aber darüber sollte man wohl nicht scherzen. Lueger war ein von Hitler verehrter antisemitischer Populist. Marx ist nicht direkt, aber indirekt wohl vergleichbar. Einen großen Unterschied macht unser Standpunkt dabei. Und der befindet sich in Österreich, mit unserer Geschichte auf unserem Rücken und in unserer Verantwortung. Gut also, dass man mit dieser beginnt, also bei Lueger. An dem prominenten Ort, an dem diese moumentale Statue am Stubentor steht, noch dazu geschaffen von einem späteren NS-Bildhauer.

Trotzdem haben wir nachgefragt, ob derzeit auch bei etwaigen kommunistischen Denkmälern etwas geplant sei. Nein, sagt Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. Aus ganz einfachem Grund auch: Lueger habe zu „andauernden Protesten" geführt, die es bei keinem anderen Fall gegeben habe. Wozu dann also selbstmächtig handeln? Der Bürgerwille zählt. Auch irgendwie beruhigend.

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