Rohstoffe

Saudiarabien statt Wolfsberg

Energie gibt es in Saudiarabien zu Spottpreisen. Daher wird das Lithium aus Kärnten auch dort weiterverarbeitet.
Energie gibt es in Saudiarabien zu Spottpreisen. Daher wird das Lithium aus Kärnten auch dort weiterverarbeitet.REUTERS
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Das Lithium-Vorkommen auf der Koralm wird wegen hoher Energiekosten wohl nicht in Österreich verarbeitet.

Wien. Die australische Firma European Lithium treibt die Vorbereitungen für einen Lithium-Abbau auf der Koralm voran. Noch im Juni sollen die Abbaurechte in ein Unternehmen an der US-Technologiebörse Nasdaq eingebracht werden – mit einer Marktkapitalisierung von rund einer Milliarde Dollar. Aber: Die Weiterverarbeitung des Erzes zu batteriefähigem Lithium soll künftig statt in Wolfsberg in Saudiarabien stattfinden, sagt Vorstand Dietrich Wanke.

European Lithium steht kurz davor, eine verbindliche Vereinbarung mit der saudiarabischen Firma Obeikan zur Herstellung batteriefähigen Lithiums abzuschließen. Gegen die Verarbeitung des Erzes zu hochwertigem Lithium in Kärnten hätten vor allem die „ausufernden Energiekosten“ gesprochen, so Wanke. Die Gewinnung von reinem Lithium aus dem Erz sei energieintensiv und brauche Gas. Die jüngsten Preisexplosionen hätten „eine Dreiviertelmilliarde Dollar Mehrkosten“ bedeutet. „Da muss man knallhart sagen, dass Europa für diese Industrien zur Absicherung der Energiewende nicht wettbewerbsfähig ist.“

Geplant war der Bau eines hydrometallurgischen Werks südlich der Bezirksstadt Wolfsberg, wo jährlich 70.000 Tonnen konzentriertes Erz (Spodumen) zu batteriefähigem Lithium (LHM) verarbeitet werden sollten. Dort hätten laut Ankündigung von 2018 etwa 130 Stellen im Drei-Schicht-Betrieb entstehen sollen, in Summe also an die 400 Jobs. Dieser Arbeitsschritt soll nun voraussichtlich in Saudiarabien erfolgen. Wanke betont, dass weder die für das Werk in Wolfsberg nötige UVP noch steuerliche Vorteile in Saudiarabien für die Neuausrichtung ausschlaggebend gewesen seien. Aber die US-Partner hätten gesagt: „Finger weg von energieintensiven Industrien in Europa.“

Per Schiff an die Saudis

Stattdessen soll das Spodumen nun in Containern nach Saudiarabien verschifft werden. Die Kosten seien „marginal“, müsse das Erz doch nur per Lkw 20 Minuten zum Koralmtunnel gebracht und dann per Bahn und Schiff abtransportiert werden, sagt Wanke.

Die Lithium-Vorkommen auf der Koralm stehen unterdessen vor dem nächsten Wertschub. 1992 waren die Rechte daran um einen symbolischen Schilling an die Kärntner Montanindustrie (KMI) gegangen. Diese verkaufte sie 2011 um zehn Mio. Euro an australische Investoren. Diese Rechte liegen inzwischen beim Unternehmen European Lithium AT Limited mit Sitz auf den Virgin Islands, einer Tochterfirma der australischen Firma European Lithium. Diese Tochterfirma soll nun in eine an der Nasdaq notierte Unternehmenshülle namens Sizzle eingebracht werden, sodass eine neue Firma namens „Critical Metals“ entsteht. Diese soll zum Start eine Marktkapitalisierung von 972 Mio. Dollar (907 Mio. Euro) haben. European Lithium wird daran 80 Prozent halten, die Aktionäre der Unternehmenshülle die restlichen 20 Prozent. Sizzle bringt 159 Mio. Dollar in den Deal ein.

European Lithium ist derzeit an der australischen Börse rund 82 Mio. Euro wert, ein gutes Zehntel des US-Börsenneulings. Für Wanke ist das nicht überraschend. European Lithium sei als Explorationsunternehmen „massiv unterbewertet“. Die von der US-Börsenaufsicht streng geprüften Unterlagen würden einen erwartbaren Gewinn von 1,5 Mrd. Dollar zeigen. Wobei Wanke angesichts des Ausbaus der Elektromobilität von einer steigenden Nachfrage nach Lithium ausgeht.

Das Unternehmen rechnet in seiner Machbarkeitsstudie mit Gestehungskosten von 19.000 Dollar je Tonne reinen Lithiums, die sich noch verringern würden, wenn die Mineralien Feldspat und Quarz ertragreich verkauft werden können. Der stark schwankende Lithium-Preis liegt derzeit bei etwa 30.000 Dollar, hatte Ende 2022 aber auch schon 80.000 Dollar erreicht. Bis 2021 war der Lithium-Preis zwar noch unter den Gestehungskosten von European Lithium gelegen, Wanke weist aber darauf hin, dass sich schon lang abzeichne, dass die Nachfrage steigen wird, auch wenn das Angebot begrenzt bleibt.

Auch wenn Wanke keine Sorge hinsichtlich der Nachfrage hat, gibt es bereits einen Vertrag mit BMW. Demnach zahle der Autokonzern 15 Mio. Dollar im Voraus und erhalte vorerst für fünf Jahre das batteriefähige Lithium mit einem Abschlag von zehn Prozent auf den Spotmarktpreis. BMW bestätigte auf Anfrage der APA lediglich, dass es ein Abkommen mit European Lithium gebe.

Aus heutiger Sicht soll 2025 mit der Erzgewinnung auf der Koralm begonnen werden, Ende 2026 oder Anfang 2027 soll das erste batteriefähige Lithium auf den Markt kommen, sagte Wanke. (APA)

Auf einen Blick

European Lithium aus Australien treibt die Vorbereitungen für einen Lithium-Abbau auf der Koralm voran. Noch im Juni sollen die Abbaurechte in ein Unternehmen an der Nasdaq eingebracht werden. Die Weiterverarbeitung zu batteriefähigem Lithium wird aber wahrscheinlich nicht in Österreich stattfinden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2023)

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