Caroline Wahl

Kinder haften für ihre Eltern

Caroline Wahl gibt ihren jungen Protagonisten eine schnörkellose und authentische Sprache.
Caroline Wahl gibt ihren jungen Protagonisten eine schnörkellose und authentische Sprache. Stefan Klüter
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Caroline Wahl legt mit ihrem Debüt „22 Bahnen“ einen berührenden Coming-of-Age-Roman vor, in dem die Mädchen tapfer und die Jungs traurig sind. Zu Herzen gehen sie alle.

„Hafermilch, Mandelmilch, Cashewmus, tiefgefrorene Himbeeren, Hummus, Kölln-Haferflocken, Chiasamen, Bananen, Dinkelnudeln, Avocado, Avocado, Avocado.“ Wenn Tilda in ihrem Nebenjob an der Supermarktkassa sitzt, vertreibt sie sich die Zeit mit einem Spiel: Ohne aufzusehen, zieht sie die Produkte übers Band und tippt, wer sie gekauft haben könnte: „Circa 30, männlich, schlaksig, rahmenlose Brille, Levi‘s-Shirt, rate ich. Als ich den Levi‘s-Schriftzug sehe, ist das ziemlich cool und vielleicht sogar der bisherige Höhepunkt meines Tages. Es ist zwar eine jüngere Frau, aber das T-Shirt richtig zu erraten ist schon stark.“

Tilda sammelt jedes Erfolgserlebnis, das sie kriegen kann, denn ihr Leben ist hart. Die hochbegabte Mathematik-Studentin jobbt im Supermarkt, weil sie sich um ihre kleine Schwester Ida kümmern muss – und will. Ihre Mutter ist schwere Alkoholikerin mit Tendenz zu Ausrastern, die Väter der beiden Mädchen sind längst weg. Zurück blieb ein zu Herzen gehendes Schwesterngespann: „Ich durfte ihren Namen aussuchen, weil Mama keine Ideen hatte, und so war Ida auch ein bisschen mein Kind. Mit Ida hatte ich auf einmal wieder einen Anker, eine Familie, die ich eigentlich schon längst verloren geglaubt hatte.“

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