Bub muss nicht mit Jörg Haider "saufen"

Recht muss nicht Joerg
Recht muss nicht Joerg(c) Fabry
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Die Reklame eines Magazins suggerierte, ein Zwölfjähriger trinke Alkohol und stehe einem Politiker nahe. Der Bub klagte auf Unterlassung, der Oberste Gerichtshof entschied für ihn.

Wien. Nur weil man auf einer Veranstaltung einen Politiker trifft, muss man sich noch lange nicht gefallen lassen, dass das Bild von diesem Ereignis als Werbemittel entfremdet wird. Das zeigt ein Urteil, das ein Zwölfjähriger gegen das Magazin „Profil“ erwirkt hat.

Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider war bereits vor seinem Unfalltod im Oktober 2008 wegen Alkoholkonsums in die Schlagzeilen gekommen. Ende 2007 tauchten nämlich Fotos von Haider auf, die eine feucht-fröhliche Nacht mit Jugendlichen demonstrierten. „Profil“ nahm das offenbar zum Anlass, eine neue Episode der Eigenwerbung zu gestalten. Man wählte ein Bild von Haider aus, bei dem sich dieser neben einem zwölfjährigen Buben und einem Mädchen befand. Daneben stand in der Reklame das Zitat „Es muss Schluss gemacht werden mit dem Alkoholausschank an Jugendliche. Die saufen doch den Kindern alles weg! – Otto Waalkes“. Es folgten die Frage „Wie viel Profil hat Ihre Meinung?“ und die Aufforderung, ein „Profil“-Abo zu bestellen.

Bub wollte zu Bundespräsidenten

Der Bub fand das nicht lustig, zumal er weder mit Haider noch sonst je „saufen“ war. Vielmehr war das Bild im Zusammenhang mit dem Besuch des Bundespräsidenten in Kärnten entstanden. Das Kind klagte „Profil“ auf Unterlassung. Das Magazin verwies darauf, dass es sich nur um die Wiedergabe eines öffentlichen Ereignisses handle. Die Meinungsfreiheit rechtfertige es, dieses Foto im Rahmen der Werbelinie mit einem satirischen Text zu versehen.

Das Handelsgericht Wien entschied für den Buben. Privatpersonen müssten sich keine Werbung mit ihrem Bild gefallen lassen. Überdies entstehe so der Eindruck, die Kinder im Bild seien jene, die „Jugendlichen den Alkohol wegsaufen“. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte das Urteil: Schon weil der Eindruck einer politischen Punzierung entstehe, dürfe sich der Bub gegen die Reklame wehren.

Auch der Oberste Gerichtshof gab der Klage statt: Denn der Bub sei wegen des Bundespräsidenten bei der Veranstaltung gewesen. Doch das Staatsoberhaupt sei im Bild gar nicht zu sehen. Stattdessen werde der Bub in die politische Nähe Haiders gerückt und in Zusammenhang mit einem Alkohol-Sager gesetzt. Beides habe aber mit der Veranstaltung nichts zu tun. Und Satire rechtfertige die Aktion von „Profil“ auch nicht, zumal es hier nicht um einen Bericht über ein Ereignis, sondern vor allem um den kommerziellen Werbezweck gegangen sei (4 Ob 119/10v).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2011)

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