Koalition verschiebt die Wehrpflicht-Debatte

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�BUNG DES BUNDESHEERES IN DER STEIERMARK(c) APA/MARKUS LEODOLTER (Markus Leodolter)
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SPÖ und ÖVP wollen vorerst überhaupt nicht über eine Abschaffung der Wehrpflicht diskutieren. Zuerst will man die Sicherheitsdoktrin angehen, danach erst die künftige Organisation des Bundesheers besprechen.

[Wien/maf/ett] Die Pattstellung zwischen SPÖ und ÖVP um eine Abschaffung der Wehrpflicht hat vorerst einmal zu einer Verschiebung der Debatte geführt: Am Montagabend trafen sich Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und die ÖVP-Minister Michael Spindelegger und Maria Fekter im Bundeskanzleramt – und beschlossen vorerst einmal überhaupt nicht über die Streitfrage zu verhandeln.

Zuerst will man die Sicherheitsdoktrin angehen, danach erst die künftige Organisation des Bundesheers besprechen. Derzeit liegt von beiden Parteien je ein Vorschlag für eine Sicherheitsdoktrin vor (siehe Bericht), bis Ende Februar will man sich auf ein gemeinsames Papier einigen, das dann dem Ministerrat vorgelegt wird. Beschlossen wird eine neue Sicherheitsdoktrin im Parlament. Schwer wird der Koalition diese Einigung nicht fallen, sind sich doch die beiden vorliegenden Papiere jetzt schon sehr ähnlich.

Und die Streitfrage Wehrpflicht? Über die soll bei der Verhandlung angeblich gar nicht gesprochen worden sein, beteuerten beide Seiten. „Andere Dinge werden wir zu einem späteren Zeitpunkt zu diskutieren haben“, sagte Darabos nach der Sitzung. Es gibt zur weiteren Vorgangsweise einen Vorschlag von Spindelegger, den auch Darabos unterstützt: Es soll einen Prozess geben, in den Experten und auch der Bundespräsident einbezogen sind. Zu Details gaben sich aber beide Seiten wortkarg.

Volksbefragung bis Jahresmitte

Einfach wird es wohl nicht, denn Darabos hatte sich noch vor der Sitzung überzeugt gezeigt, dass es bis Jahresmitte zu einer Volksbefragung kommen werde. Die Debatte der vergangenen Tage sei stark von einer unfairen und emotionalen Diskussion geprägt gewesen, so der Minister: „Die Reformverweigerer, die keine Reform des österreichischen Bundesheers wollen, haben zum Halali auf mich geblasen.“ Er nehme die Angriffe gelassen zur Kenntnis, denn er habe sich entschieden, den Reformprozess mit aller Konsequenz durchzuziehen.

Anders dagegen die ÖVP: Die Heeresreform-Modelle von Darabos „sind aus unserer Sicht passe“, hatte Parteichef Josef Pröll verkündet. Auch die Vorschläge von Sozialminister Rudolf Hundstorfer für eine Ersatzvariante für den Zivildienst seien keine Basis für die Gespräche: „Das sind keine tauglichen Modelle.“
Pröll macht deutlich, dass die ÖVP gegen die von der SPÖ verlangte Abschaffung der Wehrpflicht ist – ohne sich allerdings endgültig festzulegen. „Es gibt deutlich mehr Gründe für eine reformierte Wehrpflicht“, meinte der ÖVP-Chef. Ob die Wehrpflicht in Stein gemeißelt sei? Er habe aus den vergangenen Wochen die Lehre gezogen, „dass Steine innerhalb kurzer Zeit erodieren“, meinte er in Anspielung auf Darabos, für den die Wehrpflicht noch im Vorjahr in Stein gemeißelt war. Ob er noch Vertrauen in Darabos habe? Pröll: „Er ist von der SPÖ nominiert.“

Die Grünen haben am Montag Bundespräsident Heinz Fischer ihr Sicherheitsmodell präsentiert. Darin vorgesehen ist die Abschaffung der Wehrpflicht und die Konzentration auf internationale Einsätze. Der Katastrophenschutz soll nach deutschem Vorbild von einem „technischen Hilfswerk“ organisiert werden. 10.000 Soldaten seien für diese Aufgaben genug, meint Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2011)

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