Taxifahrt endet mit einer Festnahme

Proteste in Aegypten
Proteste in Aegypten(c) dapd (Axel Schmidt)
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LIVEBERICHT Kaum angekommen in Ägypten wurde ich bereits von der Armee festgehalten. Zum Glück nur für kurze Zeit. Die Stimmung kann hier von einem Moment zum anderen schlagartig kippen.

Der Taxifahrer lacht. "Den Kofferraum zu schließen, zahlt sich gar nicht aus, zu viele Checkpoints", ist sein knapper Kommentar, als ich ihn darauf hinweise, dass er mit geöffnetem Kofferraumdeckel unterwegs ist. Er will nicht bei jedem Kontrollposten extra aussteigen müssen und zeigen, was er im Kofferraum seines Fahrzeuges transportiert. Der Weg vom Kairoer Flughafen in die Innenstadt führt an unzähligen Kontrollen vorbei, gerade jetzt am späten Nachmittag, denn die Ausgangssperre ist bereits in Kraft.

Soldaten der ägyptischen Armee haben sich mit Panzern an wichtigen Kreuzungen postiert. In den verwinkelten Nebenstraßen im Zentrum der Stadt haben Angehörige lokaler Bürgerwehren das Kommando übernommen, um ihre Nachbarschaft vor Plünderern zu schützen. Die jungen Männer der Bürgerwehren sind mit langen Messern, Knüppeln und Eisenstangen bewaffnet. Sie wollen den Ausweis des Taxifahrers sehen. Und sie kontrollieren meinen Pass und den Pass eines mitreisenden Kollegen des Nachrichtenmagazins Profil. "Where do you come from", will einer der Männer wissen. "Oh, Austria, Vienna, beautiful", meint er und grinst. Hier sei alles sicher, dank der Bürgerwehr. "You are safe, nobody will touch you."

Nervöse bewaffnete Zivilisten

Doch das ändert sich einige Straßensperren weiter dramatisch. Die Männer dort sind nervös, vor allem ihr Anführer, der mit gezogener Pistole laute Kommandos gibt. Sie durchsuchen unser Taxi, durchwühlen unsere Rucksäcke. Als sie mein Satellitentelefon und unsere Kameras finden, beginnt einer von ihnen laut zu schreien. Die Männer laufen zusammen, zerren den Taxifahrer an der Jacke. Auf unsere Frage "What's the problem?" wollen sie nicht antworten. Soldaten eilen herbei, packen uns an den Armen, nehmen unsere Rücksäcke und führen uns zu ihrem Checkpoint. Sie befehlen uns, uns auf den Asphalt zu knien. Kein guter Einstand: Schon die erste Fahrt vom Flughafen zum Hotel endet für mich und meinen Profil-Kollegen mit einer Festnahme - zumindest einer vorübergehenden.

Soldaten handeln professionell

Ein Offizier kommt herbei, bedeutet uns, rasch wieder vom Boden aufzustehen. Ihm ist die Angelegenheit offenbar sehr unangenehm. Nichtsdestotrotz leeren die Soldaten den Inhalt unserer Rucksäcke auf den Asphalt und durchsuchen alles. Nach einer Reihe von Fragen - ob das wirklich unsere Sachen sind, ob wir wirklich Journalisten sind, und ähnliches - entschuldigen sich die Soldaten. Sie lachen freundlich, bitten uns in ihren Wachcontainer und bieten uns Tee und Essen an. Ihnen scheint der Vorfall mehr als peinlich zu sein. Die Lage in Ägypten sei derzeit sehr schwierig und kompliziert, Plünderer trieben ihr Unwesen, die Armee müsse eben alles kontrollieren, rechtfertigen sie sich. Unser Taxifahrer, der vorübergehend völlig aufgelöst war, erhält von ihnen einen Karton mit Huhn und Reis. Warum die Männer der Bürgerwehr die Nerven verloren und was eigentlich das Problem war, können uns die Soldaten aber nach wie vor nicht erklären.

Wir steigen wieder ins Taxi und fahren weiter zum Hotel, vorbei an Kontrollposten, an denen uns Soldaten und vor allem die Männer der Bürgerwehren freundlich zuwinken. Die erste Fahrt durch Ägyptens Hauptstadt zeigte, wieviel positiver Spirit durch das revolutionäre Kairo weht. Aber auch, wie rasch die Lage kippen kann.

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