Filmpreise: Bei der 40. Ausgabe des bedeutenden Filmfestivals Rotterdam gingen die Preise nach Südkorea, Portugal und Thailand.
Die Jubiläumsausgabe des Filmfestivals Rotterdam endete am Samstag mit der Vergabe der Tiger Awards im Wettbewerb für junges Kino (und einer kleinen Gitarrenimprovisation des Jurymitglieds Lee Ranaldo von der US-Rockband Sonic Youth): Die Sieger sind die portugiesische KunstkomödieFinisterrae, das meditative thailändische Drama Eternity sowie der überragende Film der Selektion, die südkoreanische Außenseiterstudie The Journals of Musan, die auch den Preis der internationalen Filmkritik erhielt.
Der südkoreanische Regiedebütant Park Jung-bum spielt in diesem packenden Drama auch die Hauptrolle: einen nordkoreanischen „Überläufer“, der wegen seiner Vergangenheit diskriminiert wird. Ein Gelegenheitsjob als illegaler Plakatkleber führt zu Revierkämpfen, schließlich verspricht die Arbeit in einer Karaokebar neue Perspektiven – parallel dazu singt er im Kirchenchor um Vergebung. Erst der Verrat an seinem einzigen Freund, einem dubiosen Kleingangster, macht aus ihm aber ein finanziell abgesichertes, respektables Mitglied der südkoreanischen Gesellschaft. Politische Subversion und psychologische Tiefgründigkeit gehen in Parks Ballade zusammen, ohne dass je simple Thesen bemüht werden müssten.
Es sind Entdeckungen wie dieser Film, mit denen Rotterdam die Konkurrenz zur unmittelbar danach stattfindenden Berlinale bekräftigt: Das deutsche Großfestival verschreibt sich zusehends einer Eventkultur, der aber das Wichtigste fehlt: die filmischen Ereignisse. Die Starbesuche können über den Qualitätsmangel schon lange nicht mehr hinwegtäuschen.
Geburtstagsmotto: „Rotterdam XL“
Rotterdam hingegen war immer schon auf cinephile Entdeckungen und alternative Kinovisionen abonniert: Doch im 40. Jubiläumsjahr konnte man deutlich merken, dass auch hier mittlerweile die Prioritäten wackeln. Spannende Retrospektiven, etwa zu Ostblock-Western und asiatischem Martial-Arts-Kino, litten unter teils mangelhafter Präsentation, während unter dem Geburtstagsmotto „Rotterdam XL“ nicht weniger als 40 Galerien und Geschäfte mit kleinen Installationen bespielt wurden.
Auch der Wettbewerb war von epigonalen Arbeiten dominiert: Der portugiesische Gewinner Finisterrae etwa ist als absurde Geister-Odyssee streckenweise amüsant, als Parodie der jüngeren Kunstfilmschule um den Katalanen Albert Serra dürfte ihn aber nur ein minimales Nischenpublikum erkennen. Dennoch gab es einige Entdeckungen, auch aus Österreich, etwa AUN von Edgar Honetschläger. Mehr darüber morgen. hub
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2011)