Mit sieben zu einer Stimme sprechen die Geschworenen den 52-jährigen Angeklagten schuldig, das damals 17-jährige Mädchen 1992 vergewaltigt und erwürgt zu haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Mehr als 18 Jahre nach dem Mord an der damals 17-jährigen Silke Schnabel am 11. Juli 1992 in der Stadt Salzburg ist am Freitag am Landesgericht Salzburg ein Urteil ergangen: Der 52-jährige Angeklagte Anton W. wurde wegen Mordes und Vergewaltigung mit sieben zu einer Stimme der Geschworenen schuldig gesprochen. Unter Bedachtnahme einer früheren Verurteilung wurde er zu einer Haftstrafe von 19 Jahren und acht Monaten verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Verteidiger Karl Wampl meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Der Angeklagte, der seine Unschuld beteuerte hatte, sagte nach der Urteilsverkündung: "Nun ist mein Leben endgültig verpfuscht."
Vergewaltigt und getötet
Der Lagerarbeiter soll das Mädchen an der Salzach-Böschung in der Nähe des Salzburger Hauptbahnhofes brutal vergewaltigt und erwürgt haben. Die Polizei fand ihn am 11. Juli 1992 um 6.20 Uhr am Ufer halbnackt im Gras liegen, seine Jeans waren durchnässt. In der Nacht zuvor hatte er Silke Schnabel im Lokal "Max und Moritz" getroffen, was der Beschuldigte anfangs bestritt, später aber zugab.
Laut Anklageschrift von Staatsanwalt Andreas Allex verließen sie das Lokal um 5 Uhr und spazierten zum Josef-Mayburger-Kai. "Am Salzachufer setzte er massive Faustschläge gegen den Kopf und das Gesicht des Mädchens, und stieß ihren Kopf gegen einen harten Untergrund." Schnabel habe ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, sei vergewaltigt und schließlich erwürgt worden. Danach habe der Mörder die Leiche in die Salzach geworfen. Sie wurde am 21. Juli bei Ranshofen (OÖ) aus dem Inn gezogen.
Verfahren bereits 1993 eingestellt
Bereits nach Auffindung der Leiche stand der Angeklagte im Visier der Ermittlungen. Das Strafverfahren wurde mangels Beweise im November 1993 eingestellt. Die Mutter des Opfers hatte sich wiederholt um eine Wiederaufnahme des Verfahrens bemüht. Im Jahr 2008 brachte Opferanwalt Stefan Rieder einen Wiederaufnahmeantrag ein. Die Staatsanwaltschaft führte erneut Erhebungen durch.
Die Anklage basierte auf einer neuen Zeugenaussage einer ehemaligen Prostituierten und drei Gerichtsgutachten, eines davon stammte vom Kriminalpsychologen Thomas Müller. Allerdings sind wichtige Beweismittel wie eine Bluse des Opfers und ein mit Blut beschmierter Gürtel des Beschuldigten im Laufe der Jahre spurlos verschwunden.
Angeklagter beteuerte Unschuld
Anton W. hatte sich bereits bei seinen Einvernahmen 1992 in Widersprüche verwickelt. Er machte bis zum Prozessstart auch verschiedene Angaben über den Auffindungsort von Silkes Bluse, die nach dem Mord in seiner Wohnung lag. Das Blut auf dem Gürtel wies die Blutgruppe A auf, die auch das Mordopfer hatte. Wie das Blut auf den Gürtel kam, dazu fand der Beschuldigte verschiedene Erklärungen.
Im Prozess beteuerte er seine Unschuld, mehr sagte er nicht dazu. Nachdem Thomas Müller am Donnerstag seine für den Angeklagten belastete Tatortanalyse präsentiert hatte - er zeigte Parallelen zu Sexualdelikten auf, die W. zwischen 1975 und 1979 begangen hatte - verließ der Beschuldigte in einer Pause weinend den Gerichtssaal.
Anwalt: "Kein stichhaltiger Beweis"
Verteidiger Karl Wampl ortete in dem Verfahren "keinen einzigen stichhaltigen Beweis, es gab nicht einmal eine DNA-Spur". Die Staatsanwaltschaft habe mit Halbwahrheiten argumentiert, die Tatortanalyse von Thomas Müller bezeichnete er als "spekulativ". Denn laut dem Kriminalpsychologen sei nur dann der Angeklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit der Täter, wenn er vorher von dem Opfer gekränkt wurde. "Und das wissen wir alle nicht", betonte Wampl. Für Staatsanwalt Andreas Allex war die Indizienkette jedoch geschlossen. "Der Angeklagte war es auch, der Silke Schnabel das letzte Mal lebend gesehen hat. Es lagen damals wie heute keine Hinweise auf andere Tatverdächtige vor."
Opferanwalt Stefan Rieder meinte nach der Urteilsverkündigung: "Ein Fall, der polizeilich immer schon geklärt war, ist nun Gott sei Dank auch gerichtlich geklärt. Das Ergebnis ist für mich logisch und entspricht der Beweislage und dem Akteninhalt. Die Opferschutzorganisation Weißer Ring hat sich für die Fortführung des Verfahrens eingesetzt. Meinem Gefühl nach kann ich sagen: Hartnäckigkeit lohnt sich." Verteidiger Karl Wampl reagierte hingegen enttäuscht: "Ich bin entsetzt, weil ich nach wie vor nicht den geringsten Beweis für die Schuld meines Mandanten sehe." Er hatte am Donnerstag in seinem Plädoyer aufgrund "fehlender Mosaiksteine" einen Freispruch im Zweifel gefordert.
(APA)