Niederlande: Wird Wilders-Verfahren eingestellt?

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Wendung im Prozess gegen den Islamkritiker Geert Wilders. Der Politiker muss sich vielleicht bald nicht mehr vor Gericht verantworten. Geert Wilders wird vorgeworfen, Anhänger des Islam diskriminiert zu haben.

Den Haag. Der niederländische Islamkritiker Geert Wilders muss sich möglicherweise nun doch nicht in einem Prozess wegen mutmaßlicher Volksverhetzung verantworten. Auf Verlangen des Angeklagten könne ein Richter nun die Einstellung des Verfahrens prüfen. Das entschied am gestrigen Montag ein Gericht in Amsterdam bei einer Anhörung. Wilders' Verteidiger Bram Moszkowicz erhält so die Möglichkeit, ausführlich zu begründen, warum die Anschuldigungen gegen den niederländischen Politiker für einen Prozess nicht ausreichen.

Geert Wilders, der Chef der populistischen Partei für die Freiheit (PVV), wird von verschiedenen Klägern vorgeworfen, Hass gegen Muslime geschürt und Anhänger des Islam diskriminiert zu haben. Das vor drei Monaten geplatzte Verfahren wurde vergangenen Montag in Amsterdam wieder aufgenommen, und Wilders ließ es sich nicht nehmen, seine Kritik am Islam erneut zu wiederholen.

Der Islam sei eine faschistoide Ideologie, so totalitär wie der Kommunismus und der Faschismus. Die Propheten seien „Mörder und Pädophile“, den Koran verglich er mit Adolf Hitlers „Mein Kampf“. Zudem bringe der Islam Gesellschaften hervor, die rückständig und arm seien. Seit Jahrhunderten bekämpfe der Islam die Freiheit. „Es gibt keinen islamischen Mozart, weil es ohne Freiheit keine Kreativität gibt“, sagte Wilders. Werde die Masseneinwanderung nach Europa weiterhin erlaubt, stünde am Ende „Eurabien“, ein islamisiertes Europa ohne Freiheit. Die niederländische Minderheitsregierung aus Rechtsliberalen und Christdemokraten ist auf die Unterstützung der Wilders-Partei angewiesen.

Neue Zeugen werden angehört

Ein erster Prozess gegen Geert Wilders war im Oktober vergangenen Jahres eingestellt worden, weil das Gericht befangen war. In dem neuen zweiten Verfahren verbuchten Wilders und dessen Anwalt Bram Moszkowicz nun einen Teilerfolg. Der ganze Prozess muss völlig von vorne beginnen und kann nicht dort fortgeführt werden, wo er im Herbst endete. Noch wichtiger aber ist, dass Wilders und seinem Anwalt vom Gericht zugestanden wurde, drei neue Zeugen aufrufen zu dürfen. Bei den Zeugen handelt es sich um den Arabisten Hans Jansen, den Amsterdamer Richter Tom Schalken und den Nahost-Experten Bertus Hendriks.

Pikant daran ist, dass Richter Schalken in den Zeugenstand treten muss. Denn Geert Wilders hat gegen den Richter Strafanzeige erstattet, weil er nach Wilders' Meinung den Zeugen Hans Jansen im vorigen Prozess beeinflussen wollte. Passiert soll das alles bei einem gemeinsamen Abendessen im Haus des Nahost-Experten Hendriks sein, an dem auch die beiden anderen nun aufgerufenen Zeugen teilnahmen. Schalken und Jansen hätten während des Essens ausführlich über den Wilders-Prozess gesprochen. Einige Tage später musste Jansen als Zeuge vor Gericht aussagen.

Richter im Kreuzverhör

Richter Tom Schalken war es aber auch, der der Amsterdamer Staatsanwaltschaft den Auftrag dazu gab, Geert Wilders überhaupt anzuklagen, obwohl die Staatsanwaltschaft das zunächst abgelehnt hatte. Wilders und sein Anwalt wollen nun durch das Zeugenverhör nachweisen, dass Richter Tom Schalken gegenüber Geert Wilders voreingenommen war und ist.

Sollte ihnen das gelingen, müsste der Prozess sofort eingestellt werden, ohne dass es überhaupt zu einer inhaltlichen Verhandlung über die gegen Wilders erhobenen Vorwürfe kommt. Geert Wilders gab sich „sehr zufrieden“ und kündigte an, dass nicht nur sein Anwalt, sondern auch er selbst den Zeugen Schalken einem Kreuzverhör unterziehen wolle.

Sollte das Gericht jedoch den Verdacht, dass Richter Tom Schalken voreingenommen handelte und dass er den Zeugen Hans Jansen vor dessen Aussage beeinflussen wollte, als für nicht erwiesen erachten, dann kann der eigentliche inhaltliche Prozess gegen Geert Wilders beginnen.

Der vorsitzende Richter Marcel van Oosten hat das Verfahren am gestrigen Montag auf unbestimmte Zeit erst einmal vertagt.

Lexikon

Geert Wilders gründete 2006 die Partei für die Freiheit (PVV), die 2010 bei den Wahlen 24 Mandate errang und zur drittstärksten Partei der Niederlande wurde. Die Minderheitsregierung der Rechtsliberalen und der Christdemokraten ist auf die Unterstützung der Wilders-Partei angewiesen, mit der sie eine knappe Mehrheit von 76 von 150 Abgeordneten hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2011)

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